LESS PLASTIC, MORE OCEAN

LESS PLASTIC, MORE OCEAN

Am 17.10.2018 startete die NGO The Ocean Cleanup zum ersten Mal seit Beginn der marinen Plastikverschmutzung einen großräumigen Versuch, um den Kunststoff aus dem Nordpazifik zu holen.
Eine Kampagne, die Wellen schlagen wird, oder doch eher ein Tropfen auf den heißen Stein?

Ob als Strohhalm, Verpackung, Einwegwasserflasche oder Mikrogranulat im Gesichtspeeling – so durchsichtig, dass wir seine Allgegenwärtigkeit übersehen könnten, kann Plastik gar nicht sein. Täglich kommen wir alle mit Plastik in Berührung, und sehr oft nur ein einziges Mal, bevor es im Müll landet – oder, schlussendlich, im Meer.
Dass so viel Plastik produziert wird, liegt an den zahlreichen Vorteilen des sogenannten Kunststoffes: Er ist beliebig formbar, leicht, widerstandsfähig, undurchlässig und vor allem ziemlich billig in der Produktion. Aber was ist dann eigentlich das Problem daran?

unbreakable

Leider verstecken sich in genau denselben Eigenschaften, die die Vorteile des Plastiks ausmachen, auch seine Gefahren. Denn wenn Plastik erst einmal hergestellt wurde, werden wir es nicht so schnell wieder los. Im Gegensatz zu vielen anderen Stoffen verrottet Plastik nämlich nicht, sondern zerfällt nur in immer kleinere Einzelteile. Dieses sogenannte Mikroplastik landet, oft ohne dass wir es merken, im Wasserkreislauf. Es versteckt sich beispielsweise in Duschgels, Cremen und Zahnpasta oder wird beim Waschen aus synthetischer Kleidung herausgelöst. Durch unsere Badezimmerabflüsse macht es sich dann auf den Weg in die Kanalisation, schleicht sich durch alle Kläranlagen und Filter, gelangt in Bäche, Flüsse, Ströme und schließlich bis ins Meer. Doch da auch das Meer ständig in Bewegung ist, geht seine Reise weiter durch die großen Strömungskreisläufe der Ozeane, bis es sich in einem dieser riesigen Meereskreisel verfängt und dort – sofern es nicht von einem Meerestier gefressen wird, das später möglicherweise auf unserem Teller landet – für viele Jahre bleibt. Einer dieser großen Strömungskreisel ist das Great Pacific Garbage Patch.

invisible

Dieses Gebiet im Nordpazifik, das ungefähr doppelt so groß wie Texas ist (vgl. Moore 2003), hat allerdings nicht die Form einer kompakten Müllinsel. Bilder von schwimmenden Plastikteppichen, die manchmal in den Medien auftauchen, wurden meist in Küstenregionen aufgenommen. Tatsächlich kann man das Great Pacific Garbage Patch aus der Luft gar nicht sehen, denn es schwimmen nur einzelne größere Plastikteile an der Oberfläche. Das wirkliche Problem ist die große Dichte an Mikroplastik vor allem in der obersten Wasserschicht. Messungen des Ozeanographen Charles Moore zufolge schwamm bereits 2003 in manchen Regionen des Garbage Patches bis zu sechsmal so viel Plastik wie Plankton. Meerestiere, die vom Plankton leben, können diesen aber nicht von ihrer Nahrung unterscheiden und sterben häufig an den Folgen von zu viel Plastik im Magen.
Doch so schlimm der Gedanke des Plastiks im Meer auch sein mag – es gibt Menschen, die etwas dagegen unternehmen. Ein Beispiel dafür ist der 23-jährige Boyan Slat und seine Organisation The Ocean Cleanup.

opposable

So unvorstellbar es bei der Größe des Great Pacific Garbage Patches auch klingt: Boyan Slat und sein Forschungsteam haben eine Möglichkeit entwickelt, zumindest Teile des Plastiks im Nordpazifik einzusammeln. Nach jahrelanger Forschung und vielen Tests ist am 17.10.2018 ein System aus sogenannten Barriers mitten im Pazifik installiert worden. Da ein aktives Einsammeln des Plastiks viel zu energie-, kosten- und zeitintensiv wäre, macht sich The Ocean Cleanup einfach die Meeresströmungen, die das Plastik bewegen, zunutze. Die Barriers sind schwimmende, in U-Form angeordnete Barrieren, die ein paar Meter unter die Wasseroberfläche reichen und so zwar einiges an Plastik abfangen sollen, für Meerestiere aber kein Hindernis darstellen. Mehr Fotos, Videos und Informationen dazu findet ihr auf der Website von The Ocean Cleanup.

changeable

Projekte wie The Ocean Cleanup sind kreativ, lösungsorientiert und innovativ, aber die Wahrheit ist: Um langfristig etwas gegen die Plastikverschmutzung zu tun, muss schlicht und ergreifend weniger Plastik weggeworfen, konsumiert und letztendlich produziert werden. Und damit das passiert, müssen WIR unser Verhalten ändern.
Plastik mag zwar ein „Kunststoff“ sein, doch es hat mit Kunst rein gar nichts zu tun – nur mit Künstlichkeit. Es ist vielleicht der Stoff, aus dem die Träume unserer Zeit sind, aber je mehr wir verschwenden, umso mehr wird es zum Albtraum. Es scheint oft, als müssten die Dinge so sein wie sie sind, als wäre zum Beispiel all das Plastik in unserer Welt vollkommen normal und unveränderlich. Aber das ist nur eine Geschichte, die uns erzählt wird, und ein verhängnisvoller  Irrtum. Zeit, aufzuwachen.
Boyan Slat, der 23-jährige Visionär, zeigt uns, dass gerade junge Menschen, die von den zukünftigen Zuständen auf unserem Planeten so viel mehr betroffen sein werden als andere, den Lauf der Dinge beeinflussen können. Durch unsere Betroffenheit, unsere Ideen und unsere Verhaltensänderungen können wir neue, plastikfreie Geschichten erfinden, und wenn wir nach ihnen leben und sie oft genug weitererzählen, können sie schneller wahr werden, als wir heute vielleicht glauben mögen.

Was DU tun kannst:

* reduce, reuse, recycle
(repair, remake, refuse, remember, respect, restore)

* Vermeide Plastik im Alltag (auf Plastikflaschen, -sackerln verzichten, unverpackte Lebensmittel kaufen, zB. eigene Stoffsackerln, Kaffeebecher und Wasserflaschen mitnehmen).

* Entsorge recyclebaren Plastikmüll separat.

* Lass dich von Geschichten wie der von Lauren Singer oder 5 Gyres inspirieren.

* Erzähle weiter, dass Plastik gar nicht so toll ist.

* Folge Klimareporter.in auf Facebook, Instagram, Twitter oder Youtube.

 

Quellen:
Moore, Charles (2003): Trashed. Across the Pacific Ocean, plastics, plastics, everywhere. In: Natural History Magazine 2003, S. 1-9.
ARTE (2011): Mit offenen Karten. Inseln aus Müll. [https://www.youtube.com/watch?v=q9jICIEtgeo; Zugriff: 24.10.2018]

Bild:
The Ocean Cleanup
[https://www.theoceancleanup.com/press/crowd-funding-campaign-the-ocean-cleanup-successfully-completed/; Zugriff: 24.10.2018]