Let the sunshine in – Solarenergie als Entwicklungschance im Sudan

Let the sunshine in – Solarenergie als Entwicklungschance im Sudan

Eine kleine Vereinigung inmitten des von Krisen gezeichneten Sudan kämpft um die Verbreitung von Solaranlagen, um Millionen Menschen mit Elektrizität zu versorgen und so dem Klimawandel und der sozialen Ausbeutung entgegenzuwirken. KlimareporterIn hat ihren Gründer kennengelernt.

Amro Khalaf, Mitgründer von Sudanese Solar Energy Society – lächelt uns am Titelbild entgegen.

Amro Khalaf hat Hände die einem im Gedächtnis bleiben: groß und dunkel passen sie zu seiner weichen Stimme. Der junge Mann trägt helle Lederschuhe, verwaschene Bluejeans, zwei Pullis übereinander. In seinem Heimatland hat er die Sudanese Solar Energy Society mitgegründet, eine Organisation, die sich für die Verbreitung von erneuerbaren Energien im Sudan einsetzt.

Der Sudan grenzt im Norden an Ägypten und im Süden an die Regenwälder des Südsudans und Äthiopiens. Dadurch ist das Land unterschiedlichen Klimazonen ausgesetzt, im Norden trocken, im Süden tropisch. Durch die steigenden Temperaturen, ausgelöst durch den anthropogenen Klimawandel, werden Regenfälle immer unregelmäßiger und die Wüstenbildung nimmt zu. Viele, früher landwirtschaftlich genutzte Gebiete liegen daher brach. Die langen Trockenphasen und die darauffolgenden Überschwemmungen, die dadurch entstehen, dass der ausgetrocknete Boden seine Aufnahmefähigkeit verliert, machen diese Gebiete zudem auch zunehmend unbewohnbar.
Deshalb ist es dem jungen Klimaaktivisten besonders wichtig,die Bevölkerung für die Folgen der Erderwärmung zu sensibilisieren. Er erklärt, dass das Thema Klimawandel im Sudan nicht sehr populär sei. Obwohl ihm diese Sichtweise unangenehm ist meint er, “ Viele Menschen denken, dass Klimawandel von Weißen gemacht ist und von Weißen wieder gelöst werden soll” Er selbst ist aber anderer Ansicht: Der studierte Geologe glaubt daran, dass nachhaltige Energieversorgung eine enorme Chance für den Sudan ist. Sein Heimatland ist eines der größten Länder am afrikanischen Kontinent und ungefähr 20-mal so groß wie Österreich. “75% der Bevölkerung leben bei uns ohne Elektrizität, das sind etwa 27 Millionen Menschen” sagt er. “Wenn wir es schaffen, sie mit Strom zu versorgen, bedeutet das eine riesige Entwicklungsmöglichkeit.” Weltweit gibt es in diesem Zusammenhang Studien, die belegen, dass Wohlstand und Energieversorgung, und hierbei im Speziellen Elektrizität, direkt korrelieren. Denn, deren Verfügbarkeit und der Preis bestimmen sowohl die Leistungs- als auch, die Konkurrenzfähigkeit eines Landes im internationalen Wettbewerb. Daher wird die Energie sogar oft, neben der menschlichen Arbeit und dem Kapital, als dritt wichtigster Produktionsfaktor genannt.

Obwohl der junge Mann optimistisch ist, zweifelt er manchmal: Beim Gedanken, wie massiv sein Land von der Erderwärmung betroffen sein werden könnte, wird er manchmal hoffnungslos und pessimistisch. Aber er glaubt auch, dass die Situation eine große Chance für die Menschheit ist. “Klimawandel ist ein globales Problem, das wir nur alle zusammen lösen können. Dadurch könnte das Gefälle zwischen Entwicklungs- und Industrieländern aufgehoben werden. Außerdem müssen sich die westlichen Staaten auch bewusst werden, dass ohne Veränderung eine weitere Flüchtlingskrise, diesmal aufgrund der klimatischen Veränderungen, auf sie zukommen könnte.”

Gerade macht Amro ein Praktikum bei einem Renewable Energy Think tank in Berlin.Obwohl es ihm gut gefällt, könnte er sich nicht vorstellen, dauerhaft in Deutschland zu leben. “Hier sind die Menschen so gestresst, das könnte ich nicht” , meint er und runzelt die Stirn. Der Sudanese hofft vor allem genug zu lernen um das Gefühl zu haben, wirklich etwas für seine Heimat tun zu können. “Zugang zu Bildung ist bei uns nicht so selbstverständlich wie in Europa”, meint er. Amro wohnt seit Beginn seines Studiums in der Hauptstadt Khartum, in der 2,6 Millionen der 36 Millionen Einwohner Sudans leben. Dort hat  der junge Unternehmer Zugang zu Infrastruktur und Bildungseinrichtungen. Damit ist er allerdings einer von nur wenigen Sudanesen, denn ungefähr 70% der Bevölkerung sind Analphabeten.
Er sagt auch, dass viele Menschen Europa zu Unrecht idealisieren: “Sie glauben, dort wird alles gut und, dass ihnen das Geld nachgeworfen wird.” Amro lächelt, schaut zu Boden, wirkt plötzlich nachdenklich. “Viele riskieren ihr Leben um nach Europa zu kommen- dort sind sie dann jedoch enttäuscht und oft unerwünscht.”

Grund für den geringen Zugang zu Infrastruktur und Bildung sind laut dem Sudanesen vor allem die beiden Bürgerkriege (1955-1975; 1983-2005), die schließlich 2011 mit der Unabhängigkeit Südsudans vom Sudan endeten. Allerdings hat sich die Lage in dem Land keinesfalls stabilisiert, bis heute sind viele Menschen von Konflikten bedroht, vor allem in ländlichen Regionen. Doch Amro merkt davon wenig:  “Es ist irgendwie bizarr- ich lebe in Frieden während einige 100 Kilometer entfernt Krieg herrscht” stellt er in den Raum, bezogen auf den laufenden Bürgerkrieg im Südsudan.
Aufgrund der politischen Korruption und dem herrschenden Bürgerkrieg haben sowohl die USA als auch die EU vor ungefähr 20 Jahren Sanktionen gegen den Sudan eingeführt. Diese haben dazu geführt, dass das Land noch tiefer in eine soziale Krise gestürzt ist, mit nur wenig Möglichkeit auf Weiterentwicklung. Allerdings hat die USA vor kurzem angekündigt die Finanzsanktionen aufgrund des herrschenden Waffenstillstands in der sudanesischen Hauptstadt Khartum aufzuheben. Bis zur vollständigen Normalisierung der beiden Länder ist allerdings noch ein weiter Weg, denn dem Sudan wird die Unterstützung islamistischer Terrorgruppen vorgeworfen. Daher ist auch eine Aufhebung des US-Waffenembargos ausgeschlossen.

Obwohl Amro kritisch gegenüber seiner Regierung ist, ärgern ihn die internationalen Sanktionen. “Solche Maßnahmen treffen nicht die, die an der Macht und reich sind, sondern die Menschen, die wenig haben”, meint der Afrikaner.
Trotz der vielen Schwierigkeiten glaubt der junge Geologe an eine gute Zukunft für sein Land. “Es ist schon viel dadurch getan, dass sich alle Länder, auch der Sudan, gemeinsam an einen Tisch setzen um dem Klimawandel entgegen zu wirken”, ist Amro überzeugt. Bleibt zu hoffen, dass sein Ziel, das Land mit Solarenergie zu versorgen aufgeht, damit eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung ohne soziale Ungerechtigkeit stimuliert wird und die Folgen des Klimawandels entschärft werden.