Marokko: Wie Sahara und Skifahren zusammenpassen

Marokko: Wie Sahara und Skifahren zusammenpassen

Wenn ich an meinen Urlaub in Marokko zurückdenke, kommt mir vor allem eine Sache in den Sinn: Unglaubliche Hitze. Im August 2018 habe ich eine Rundreise in Marokko gemacht und ich habe selten so geschwitzt: In den Großstädten Marrakesch und Fez mit den engen Gassen in der Medina herrscht in den Sommermonaten brütende Wärme. Noch dazu kommt eine extreme Trockenheit. Kein Wunder, die Sahara ist ja nicht mehr weit. Viele reißende Flüsse trocknen im Sommer fast komplett aus. Und wenn es doch mal ein paar Tropfen regnet, kann der Boden das Wasser nicht aufnehmen.

Skifahrern in der Sahara?
Aber Marokkos Klima ist vielfältig: Neben der Sahara im Süden gibt es den Mittleren und Hohen Atlas und das Rif-Gebirge. Zumindest im Winter liegt hier Schnee und es wird schwerer für den Touristenverkehr, die Berge zu überqueren. Als wir bei 40°C im Schatten durch die Berge fuhren, konnte ich gar nicht glauben, dass das ein Skigebiet sein soll, die Sessellifte sahen fehl am Platz aus. Im Norden ist das Klima eher mediterran und an der Atlantikküste weht außerdem schon mal ein rauer Wind. Tanger an der Nordwestspitze ist vor allem bei Kreuzfahrttouristen ein beliebtes Ziel.

Landwirtschaft zwischen Extremen
Neben dem Tourismus ist die Landwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftszweig. Wer im Winter Lust auf Erdbeeren hat, bekommt im Supermarkt oft welche aus Marokko. Hier gibt es aber auch große Probleme zwischen Kleinbauern und Großgrundbesitzern und die Bewässerung ist mitunter sehr aufwändig. Im Rahmen einer Tour durch den Süden von Marokko haben wir eine Oase besichtigt, die von Berberfamilien bewirtschaftet wurde, vor allem zur Selbstversorgung. Hier wird das Wasser von einem Fluss abgezweigt und dann mit einem Bewässerungssystem auf die einzelnen Parzellen aufgeteilt. Vor allem aber boomt in Marokko der Cannabis-Anbau, das marokkanische Haschisch hat einen Marktanteil von ca. 70% in Europa.

Flüssiges Gold: Argan-Öl
Der neueste Exportschlager heißt allerdings Argan-Öl. Das Öl wird aus der Frucht des Arganbaums gewonnen und ist reich an Vitaminen. Gerade in der Kosmetikbranche findet es großen Anklang. Es wird meistens in Frauen-Kooperativen produziert, sehr bekannt ist die Coopérative Marjana bei Essaouira. Am Anfang waren es vor allem Witwen oder geschiedene Frauen, die von ihrer Familie ausgeschlossen wurden, mittlerweile sind an die 100 Frauen dort in der aufwändigen Produktion von Seifen, Speiseölen und Kosmetikprodukten tätig. Ihre Produkte sind sogar von EcoCert zertifiziert.

Marokko und der Klimaschutz
Wenn man sich Marokko in Sachen Klimaschutz ansieht, fallen einem zwei Dinge ins Auge: Marokko war im November 2016 Gastgeber für die COP 22, die ein wichtiger Schritt zur Implementierung des Pariser Abkommens war. Und: Marokko landet im Klimaschutzindex von Germanwatch immer auf den vorderen Plätzen, zuletzt musste es sich bloß Schweden geschlagen geben. Zum Vergleich: Österreich liegt 31 Plätze dahinter. Auch wenn es in Marokko also extrem heiß und trocken ist, auch wenn die Prognosen vieler Klimaforscher für Nordafrika verheerend aussehen: Hier läuft einiges richtig gut und man versucht mit allen Mitteln, das Beste aus der Hitze zu machen. Die Klimapolitik von Marokko ist sehr ehrgeizig, bereits jetzt werden 40% des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien gewonnen, 2030 rechnet man mit über 50%. Die Sahara ist ideal für Solarenergie – in Ouarzazate steht der größte Solarpark der Welt – und an der Atlantikküste gibt es Windkraftwerke.

Recyclingproblematik
Aber manche Dinge haben mich auch erschreckt: Da das Leitungswasser in Marokko nicht trinkbar ist (wer empfindlich ist, sollte es nicht mal zum Zähneputzen verwenden), ist man auf Mineralwasser angewiesen – und das kommt in PET-Flaschen auf den Markt. Und die werden nicht recycelt, sondern einfach mit dem normalen Hausmüll entsorgt, es fehlt an der Sensibilisierung für diese Problematik. Dafür gibt es in Marokko seit 2016 ein Plastiksackerlverbot, davor lag der Pro-Kopf-Verbrauch pro Jahr bei ca. 900 Sackerln pro Jahr. Jetzt bekommt man bei jedem Straßenhändler oder im Supermarkt Zellulose-Sackerl.
In Fez besuchten wir den Souk und weil wir uns verlaufen haben, fanden wir plötzlich einen ganz anderen Markt vor den Stadttoren: Hier wurde Second-Hand-Kleidung aus Europa angeboten – und zwar in großen Mengen und zu Spottpreisen. Auch das ist ein Problem, mit dem viele afrikanische Länder kämpfen, die billige Ware aus Europa macht die Kleidungsindustrie im Inland kaputt.

Vielfältige Verkehrsmittel in Marokko
Außerdem fand ich erschreckend, wieviele Taxis und Autos sich durch die engen Straßen in den Städten quetschen. Im Reiseführer wurde ausdrücklich empfohlen, man soll auch für kurze Strecken das Taxi nehmen, schließlich kostet eine Fahrt meist weniger als 3 Euro. Wir haben uns lieber ein paarmal verlaufen, anstatt in ein Taxi zu steigen. Oft waren es klapperige, ältere Autos, die unglaublich gestunken haben. Zwar sind sie in der Medina nicht erlaubt (dort waren auch tatsächlich Maultiere oder Mopeds im Einsatz, um Waren zu transportieren), aber ansonsten waren überall Taxis. Gut fand ich aber, dass man sich auch ein Taxi mit mehreren Leuten teilen konnte (Grand Taxis). Positiv aufgefallen ist mir dann Casablanca: Hier fährt seit 2012 eine moderne Trambahn durch die ganze Stadt, die auch von vielen genutzt wird, alle Sehenswürdigkeiten sind super erreichbar und eine Fahrt kostet nicht mal einen Euro. Viele Reiseblogs empfehlen für eine Marokko-Rundreise Inlandsflüge, ökologisch gesehen eine absolute Katastrophe. Dabei kann man in Marokko super mit dem Zug oder Bus herumkommen, für die Strecke Fez – Casablanca (ca. 4 Stunden) haben wir pro Person in der 1. Klasse weniger als 20 Euro gezahlt.

Nachhaltige Entwicklung?
Am Schluss meiner Reise fiel mir auf, dass ich kaum mit marokkanischen Frauen zu tun hatte, im öffentlichen Leben tauchen sie weniger auf. Die Analphabetenrate unter Frauen ist höher als bei Männern und eine schulische Bildung erreicht sie in ländlichen Gegenden fast gar nicht. Hier muss in meinen Augen noch viel getan werden, Bildung und Gleichberechtigung sind entscheidend für die nachhaltige Entwicklung eines Landes.
Aber: Marokko hat auch eine sehr ehrgeizige Klimapolitik, da könnte sich Österreich schon eine Scheibe abschneiden, sie haben viele Pläne schnell umgesetzt und arbeiten daran, noch mehr zu verbessern. Angesichts der Prognosen, die in Marokko mit einer Erwärmung von weit mehr als 1,5°Celsius rechnen, vielleicht kein Wunder: In den Köpfen von Marokkos Politikern ist schon angekommen, dass die Uhr längst nicht mehr fünf vor 12 zeigt.

Marokko
Kontinent: Afrika
Hauptstadt: Rabat
Einwohner: ca. 34 Millionen
Amtssprachen: Arabisch, Berberisch, Französisch

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Quellen

  • https://www.zeit.de/2015/41/marokko-umwelt-zukunft-energiewende
  • http://www.bmz.de/de/laender_regionen/naher_osten_nordafrika/marokko/index.html
  • https://utopia.de/marokko-verbietet-plastiktueten-24322/
  • https://germanwatch.org/sites/germanwatch.org/files/CCPI2019_Results.pdf