6 Fragen an Ökopiraten Markus von Co2mpensio

6 Fragen an Ökopiraten Markus von Co2mpensio

Co2mpensio ist eine App, die den Co2-Ausstoß für Flüge oder Autofahrten berechnet und einen entsprechenden Betrag in Klimaschutzprojekte – weltweit oder regional – investiert.
Die klimareporter.innen trafen sich letzte Woche mit dem „Ökopiraten“ Markus, einem der Gründer von Co2mpensio.  Anfangs als normales Interview geplant, entwickelte sich unser Gespräch schnell zu einer Vision, wie man Nachhaltigkeit und Reisen miteinander verbinden kann.

Autorin: Laura Margherita Meisel

Frage 1: Lässt sich Reisen überhaupt mit Nachhaltigkeit vereinbaren?

Markus: Das hängt davon ab, wie man an eine Reise herangeht. Zuerst einmal sollte man sich die Frage stellen: Worum geht es mir beim Reisen? Für viele geht es darum, den eigenen kulturellen Horizont zu erweitern. Aber muss man denn dafür gleich nach Südamerika? Ich glaube nicht, dass wenn du nach Südamerika fliegst und im Hostel nur mit anderen TouristInnen rumhängst und saufst, dass du da unbedingt so viel von der Kultur mit bekommst.

Beim „Trash Tourismus“ funktioniert es so wie in unserer Konsumgesellschaft: Es geht darum, extrem schnell alles in sich aufzunehmen, um gar nicht darüber nachzudenken, was gerade passiert.

Ich bin ein absoluter Reisefan, also es geht nicht darum, dass wir alle aufhören müssten zu reisen, aber wir sollten im Sinne der Umwelt beginnen, anders zu reisen.

Reisen bringt einen persönlich weiter, es tut jedem gut, mal aus der eigenen Umgebung wegzukommen, es ist charakterbildend Neues zu erleben. Aber es muss nicht immer der Langstreckenflug sein. Kauf dir doch einfach ein Fahrrad und fahr einfach los!

Frage 2: Wie würde deine ideale nachhaltige Reise aussehen?

Markus: Mein Reiseverhalten ist eigentlich vor allem auf das Fahrrad ausgelegt. Ich suche mir Ziele aus, die ich mit dem Fahrrad erreichen kann bzw. mit dem Bus anfahren kann, um dann mit dem Fahrrad weiterzufahren. Das bedeutet, dass ich klarerweise vor allem in Europa reise. Für mich ist es beim Reisen wie beim Essen: Reisen sollten lokal, also quasi in deiner umliegenden Umgebung stattfinden. In Europa bedeutet lokal reisen sowieso unglaublich viele Möglichkeiten an Destinationen zu haben.

Ich liebe es zu reisen und versuche so viel möglich, aber auch so nachhaltig wie möglich unterwegs zu sein. Durch die Entwicklung unserer App  ist mir erst richtig bewusst geworden, was für eine Umweltsünde das Fliegen ist. Für mich ist mit dem Fahrrad unterwegs zu sein der Inbegriff vom Reisen: Es geht nicht darum, eine lange Strecke so schnell wie möglich hinter sich zu bringen, sondern der Weg ist da das Ziel. Ich lerne Leute aus allen Ecken der Welt kennen, übernachte im Freien, bin nah an der Natur und gleichzeitig mache ich auch Sport. Die perfekte Reise-Kombination!

Frage 3: Du hast bereits erwähnt, dass Fliegen eine richtige Umweltsünde ist. Wenn du Umweltpräsident der Welt wärst, was würdest du an unserem Reiseverhalten ändern?

Markus: Also, ich wäre dafür, dass Flüge teurer werden. Dabei geht es nicht darum, Menschen die Möglichkeit zum Reisen zu nehmen, ganz im Gegenteil. Hohe Preise können einen positiven Nebeneffekt haben. Wenn man auf einen Flug lange hin sparen muss, dann bedeutet das, dass man Zeit hat, sich richtig auf die Reise vorzubereiten, sich schon vor der Reise mit der Kultur des Landes auseinanderzusetzen und dadurch einen persönlichen Mehrwert zu haben. Wenn es mehr kostet zu fliegen, dann würde das indirekt zu bewussterem und nachhaltigerem Reisen führen.

Letztendlich ist das auch das Ziel von Co2mpensio , wir möchten, dass sich so viele Menschen wie möglich damit auseinandersetzen bzw. ein Bewusstsein dafür bekommen, wie ihr Reiseverhalten sich auf die Umwelt auswirkt. Wenn die Flugstunden bzw. Autostunden in Relation mit dem ausgestoßenem Co2 gestellt werden, dann wird der eigene Einfluss auf die Umwelt greifbar gemacht.

Frage 4: Was müsste getan werden, damit junge Leute sich mehr für den Klimaschutz engagieren?

Markus: Das Hauptproblem ist, dass das Thema Nachhaltigkeit als „uncool“ gilt und es wäre wichtig, dass man bei dieser Thematik an die Lebensrealität von Jugendlichen anknüpft. Nachhaltigkeit sollte nicht mit dem erhobenen Zeigefinger gepredigt werden. 

Was spricht letztendlich Jugendliche an? Sie wollen sich als Teil einer Gemeinschaft sehen, etwas in der Gruppe machen. Dieses Gemeinschaftsgefühl sollte gefördert werden und in Richtung Nachhaltigkeit gelenkt werden.  Es wäre eine tolle Idee, wenn LehrerInnen mit den SchülerInnen gemeinsam über das ganze Jahr ein Projekt starten würden, beispielsweise ein Büro zu überzeugen, keinen Müll mehr zu produzieren. Da hat man ein handfestes Ziel, auf das man gemeinsam hinarbeiten kann. Junge Leute sollen dazu ermutigt werden, selbständig zu denken und neue Perspektiven anzunehmen.

Coolness fängt an, wenn man zusammen in der Gruppe was macht, was erarbeitet und das Gefühl hat, das bringt mich weiter, das bringt uns als Gemeinschaft weiter. Jugendliche merken so, dass man, wenn man was bewegen will, das zwar Zeit und Energie kostet, aber man bekommt ja auch was dafür. Man bekommt Anerkennung, man weiß, dass man was Gutes tut und dann geht’s einem auch selbst gut.

Frage 5: Erkläre uns doch, welchen Beitrag Co2mpensio dazu leistet, nachhaltiger zu reisen.

Markus: Interessanterweise bekommen wir oft Kritik seitens Organisationen und Menschen in der „Öko-Szene“, dass unser Zugang nur den Weg ebnet für Leute, die sich keine langfristigen Gedanken über ihr Reiseverhalten machen und schnell mal mit unserer App ihre Umweltsünden abbüßen.

Aber im Kern geht es uns nicht darum, dass Leute beginnen durch unsere App einfach extrem viel kompensieren, sondern unser Ziel ist es eigentlich, über einen coolen Zugang Bewusstsein für die Verbindung zwischen unserem Reiseverhalten und dem Klimawandel zu schaffen. Es sollen so viele Menschen wie möglich auf unsere App aufmerksam werden und lernen, was Kompensation ist und worum es dabei geht. Vor allem ist es uns wichtig, genau bei den Menschen anzuknüpfen, die sich bis jetzt noch nicht mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Wir sehen uns als Tool, das den Leuten die Möglichkeit gibt, eine informierte und bewusste Entscheidung zu treffen.

Frage 6: Was war bis jetzt eure größte Herausforderung und wo seht ihr euch in der Zukunft?

Markus: Wir sind unkonventionell und lassen uns nicht in eine Schublade stecken. Wir haben noch keinen konkreten Plan, was in der Zukunft sein wird, …uns geht es erstmal darum so viele Leute wie möglich mit unserer Message zu erreichen. Aber natürlich würden wir gerne von unserem Projekt leben können. Die Idee wäre dann, nach einem business-to-business-Modell zu arbeiten und Unternehmen ein personalisiertes Tool anzubieten, um ihre Geschäftsreisen zu kompensieren. Beispielsweise sollte es dann möglich sein, den eigenen Dienstwagen in der App auszuwählen und den genauen Co2 Ausstoß zu kompensieren.

Die Idee hinter Co2mpensio :

Mit Co2mpensio kannst du den Co2-Ausstoß deiner Autofahrten und Flüge kompensieren. Dabei wird der verursachte Co2Ausstoß in Geld umgewandelt, das du spenden kannst und zu 100% in Klimaschutzprojekte fließt. In Partnerschaft mit dem  Zentrum für Globalen Wandel der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) wird dabei ein Aufforstungsprojekt in Äthiopien unterstützt.
Gegründet wurde Co2mpensio von Markus und David, zwei Freunde, die ihre Reiselust mit ihrem ökologischen Gewissen vereinbaren wollten. Die Idee für die App kam ihnen während  der Vorbereitungen auf die Baltic Sea Circle Rallye