Eine UN-Klimakonferenz ist das Nonplusultra in Sachen Klimapolitik. Jährlich kommen an die 30.000 Menschen zusammen, fast 200 Länder sind bei den Verhandlungen vertreten. Eine COP kann eine tolle Möglichkeit sein, Verhandlungen hautnah zu verfolgen, sich mit Menschen weltweit zu vernetzen oder sich dort international Gehör zu verschaffen. Die erste Klimakonferenz aber kann für einen selbst leicht zur Herausforderung werden – viele Menschen, komplexe Verhandlungen und ein großes Konferenzgelände. Ich gebe euch sechs Tipps mit, die ich bei meinen letzten zwei Klimakonferenzen gelernt habe.
1. Du wirst überfordert sein.
Egal, wie viel du dich auf deine erste Klimakonferenz vorbereitest – und das solltest du so gut wie möglich – du wirst die ersten Tage überfordert sein. Selbst Leuten, die seit Jahren hinfahren, geht es in den ersten Tagen so. Das Gelände ist riesig, manche Räume schwierig zu finden und verlieren tut man andere Leute sowieso dauernd. Also kein Grund zu verzweifeln, mach dir klare Treffpunkte aus, such dir Plätze, an denen du dich wohlfühlst und hänge dich gegebenenfalls an jemanden dran, der oder die an den gleichen Ort wie du muss. Auf unserer letzten COP haben wir bereits am ersten Tag ein Stück Wand hinter einem Pavillon zu unserem Büro erklärt und es war einer der besten Entscheidungen, die wir getroffen haben. Für die restlichen zwei Wochen hatten wir einen klaren Treffpunkt, einen Rückzugsort und ein Stück Boden, das uns irgendwann schon ziemlich vertraut vorkam.
2. Es gibt eine Menge Abkürzungen.
Auf der Klimakonferenz wird so ziemlich alles abgekürzt, was nur abgekürzt werden kann. Es hilft enorm, diese Abkürzungen bereits vorher zu lernen, andernfalls läufst du Gefahr, die Verhandlungen damit zu verbringen, die Begriffe googeln zu müssen anstatt zuzuhören. Glücklicherweise hat Klimareporterin und Jugenddelegierte Paula schon auf ihrer ersten COP angefangen, eine Liste zu schreiben mit all den Begriffen, die auf einer COP immer wieder aufkommen. Dieses Glossar hat mir auf meinen beiden COPs schon öfter als Schummelzettel gedient, wenn ich mal wieder in einem Raum gesessen bin und keine Ahnung hatte, worüber eigentlich gerade gestritten wird.
3. Es wird physisch anstrengend.
Alles was du nach zwei Wochen COP machen willst, ist schlafen. Wir waren jeden Tag zwischen neun und zwölf Stunden auf den Beinen und am Gelände unterwegs. Ich war am Ende der ersten Woche bereits so müde, dass mir teilweise in Verhandlungen die Augen zugefallen sind. Meistens habe ich dann kurz den Raum verlassen, einen Power Nap von 20 Minuten auf einem der Sofas auf den Gängen gemacht und bin dann wieder zurück in die Verhandlungen gegangen. Es ist auf der COP nicht ungewöhnlich Leute auf Sofas, Tischen oder auch am Boden schlafen zu sehen. Der einzige Tag, an dem nicht verhandelt wird, ist der Sonntag. Sich an diesem einzigen freien Tag etwas wie Sightseeing vorzunehmen ist wahrscheinlich utopisch. Ich bin nach der COP25 noch eine Woche länger in Madrid geblieben, um die Stadt anzuschauen, aber auch da musste ich regelmäßig am Nachmittag Pausen machen, um Schlaf aufzuholen.
4. Du wirst nicht alles machen können, was du dir vorgenommen hast.
Eine COP ist anstrengend, überfordernd und emotional aufreibend. Insofern ist es völlig normal, dass du vielleicht nicht so produktiv sein wirst, so viele Verhandlungen besuchen und dich mit so vielen Leuten vernetzen kannst, wie du anfangs geplant hattest. Versuche realistisch zu bleiben und dir mit routinierten COP-Tagesabläufen das Leben leichter zu machen. Wenn du etwas umsetzen willst, solltest du auch Zeit dafür einplanen. Die Chancen sind sehr groß, dass du am Abend regelmäßig ins Bett fallen wirst, anstatt noch diese oder jene Arbeit fertigzustellen.
5. Spreche VerhandlerInnen an.
Dies gilt besonders für die Delegation deines eigenen Landes. Wenn du ein bestimmtes Thema verfolgst, wirst du schnell feststellen, dass immer dieselben Leute an den Verhandlungstischen sitzen. Es zahlt sich aus, diese anzusprechen, wenn du sie am Gang vor oder nach den Verhandlungen siehst und ihnen Fragen zu stellen. Es kann natürlich passieren, dass diese nicht mit dir reden wollen, aber lass dich davon nicht entmutigen. Gerade bei Themen, die wenig im Rampenlicht stehen, freuen sich Verhandlerinnen und Verhandler oft, wenn sich jemand dafür interessiert und Fragen stellt. Auf meiner letzten Klimakonferenz verfolgte ich “Gender and Climate Change”. Das Thema erfuhr nicht gerade viel Aufmerksamkeit und teilweise war ich die einzige im Raum, die nicht zu den Verhandlerinnen oder Verhandlern gehörte. Ich lernte außerdem eine Studentin in meinem Alter kennen, die von einer NGO war und das Thema ebenso verfolgte. Sie verbrachte viel Zeit mit der Verhandlerin aus ihrem Land, weil diese nicht sehr gut Englisch konnte und sich immer freute, mit jemanden in ihrer Landessprache sprechen zu können.
6. Frage Leute nach Hilfe.
Dieser Tipp klingt vielleicht nicht besonders originell, aber ihn umzusetzen, ist oft schwieriger als man glaubt. Ich habe mich öfter dabei erwischt, keine Fragen zu stellen, wenn ich etwas nicht verstand, aus Angst, andere würden denken, ich kenne mich nicht gut genug aus. Dabei ist gerade bei so einem komplexen Thema wie der COP davon auszugehen, dass niemand alles weiß. Natürlich wird es dort eine Menge Leute geben, die mehr wissen als man selbst. Es gibt aber genauso viele Leute, die dort sind um zu lernen und das tut man meistens auf seiner ersten COP. Jeder oder jede hat irgendwann bei Null angefangen und von dort kommt man nur gut weg, wenn man sich traut, Hilfe anzunehmen und Fragen zu stellen. Und auch, wenn es nur so Kleinigkeiten sind wie einen Raum nicht zu finden, die Chance ist groß, dass du nicht die oder der Einzige bist, der oder dem es so geht.
Weiteres zur COP
COP 25 – 5 Dinge die du wissen solltest