Bidens Klimagipfel: Länder kündigen neue Ziele an

Bidens Klimagipfel: Länder kündigen neue Ziele an

Am vergangenen Donnerstag und Freitag kamen 40 Staats- und Regierungsvertreter*innen für einen virtuellen Klimagipfel zusammen. Einberufen hatte ihn US-Präsident Biden, der die USA in der internationalen Klimapolitik wieder stärker positionieren will. Ankündigungen gab es viele, ihre Verwirklichung bleibt abzuwarten.

USA | Schon im Vorfeld der Konferenz meldete die US-Regierung um Präsident Joe Biden bei den Vereinten Nationen das neue Klimaziel der USA an: Bis 2030 möchte das Land seine Treibhausgas-Emissionen um 50 bis 52 Prozent gegenüber 2005 senken. Bidens Vorgänger hatte die USA in puncto Klimapolitik enorm zurückgeworfen, nun möchte der Demokrat die Klimakrise wieder zu einer Priorität des Landes machen.

Das neue Klimaziel erschien pünktlich zum virtuellen „Leaders Summit on Climate“, bei dem am vergangenen Donnerstag und Freitag 40 Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter*innen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenkamen. Ziel des Klimagipfels war es, Regierungen zu neuen Klimaschutz-Versprechen zu bewegen. Die USA erfüllt mit ihrem neuen Ziel eine der Vorgaben des Pariser Klimaabkommens, alle fünf Jahre ihr Klimaziel nachzuschärfen.

Obwohl das neue Ziel für die USA ein deutlicher Sprung ist – die Obama-Regierung versprach im Jahr 2014 für 2030 nur eine Emissionsreduktion von 26 bis 28 Prozent – erfüllt die Biden-Regierung gerade so die Mindestanforderung. Bereits im Vorfeld hatte UN-Chef António Guterres die USA aufgefordert, ihre Emissionen bis 2030 mindestens zu halbieren. Auch Umweltorganisationen erwarteten sich mehr von den USA, die in der internationalen Klimapolitik eine Schlüsselrolle einnehmen. Evan Weber von der Gruppe Sunrise Movement tweetete, das neue Klimaziel der USA sei „einfach nicht genug, um eine lebenswerte Zukunft zu sichern“.

EU stellt neues Klimagesetz vor

Neue Ziele kamen auch von der Europäischen Union. Sie stellte in der Videokonferenz ihr neues Klimaschutzgesetz vor. Bereits am Mittwoch hatten sich Vertreter*innen der EU-Staaten und des EU-Parlaments auf eine Verschärfung des Klimaziels geeinigt: Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß in Europa um „mindestens 55 Prozent“ gegenüber 1990 sinken. Österreichs Umweltministerin Leonore Gewessler begrüßte die Einigung und bezeichnet das Ziel in einem Tweet als „wichtigen Meilenstein“.

Anders sehen das jedoch ihre Kolleg*innen im Europäischen Parlament. Für Kritik hatte hier besonders die Einbeziehung von Kohlenstoffsenken in das EU-Klimaziel gesorgt. Kohlenstoffsenken sind natürliche Ökosysteme wie bspw. Wälder oder Moore, die Kohlenstoff aufnehmen und speichern. Die Kommission überlegt, diese Senken auf 300 Megatonnen CO2-Äquivalente zu erhöhen. Die Abgeordneten der Grünen kritisierten diesen Schritt als „Taschenspielertricks“. Laut Michael Bloss, Unterhändler der Grünen im EU-Parlament, sei ungeklärt, woher diese natürlichen Senken herkommen sollen. Die Klimakrise sorge in fast allen Ländern mit Dürren dafür, dass Wälder absterben und sich Kohlenstoffsenken eher verkleinern würden. Das Klimagesetz reiht sich seiner Meinung nach in eine Reihe schwacher Kompromisse beim Klima ein.

Auch die Umweltorganisationen WWF und Greenpeace äußerten sich kritisch. „Um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen und damit die Stabilisierung des Klimas sicherzustellen, sind laut Wissenschaft minus 65% bis 2030 nötig“, kritisiert Jasmin Duregger von Greenpeace in einer Pressemitteilung. Das neue EU-Klimaziel werde nicht ausreichen, um die Klimakrise aufzuhalten. Wie die Grünen äußert sich die Organisation ebenfalls kritisch über die Kohlenstoffsenken. Die Einbeziehung von Negativ-Emissionen in das Klimaziel sei eine „Mogelpackung“.

Ankündigungen auch aus anderen Ländern

Auch andere Länder kündigten beim Klimagipfel neue Ziele an oder hatten das schon in den Tagen zuvor getan. Premierminister Boris Johnson sagte bereits am Dienstag zu, dass Großbritannien seine Emissionen bis 2035 um 78 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren werde. Schon vorher war bekannt, dass das Land seine Emissionen bis 2030 um 68 Prozent reduzieren möchte.

Kanadas Premier Justin Trudeau stellte ebenfalls ein neues Ziel vor. Lag das Klimaziel bisher bei 30 Prozent, will das Land seine Emissionen nun bis 2030 nun um 40-45 Prozent gegenüber 2005 senken.

Wladimir Putin ordnete am Mittwoch eine Reduktion schädlicher Treibhausgase in russischen Städten an. Bis 2024 solle der Ausstoß in den zwölf größten Industriezentren um 20 Prozent gesenkt werden. Zudem müsse es Abgasquoten und Kontrollen geben, insbesondere in Städten mit Problemen bei der Luftqualität. Das russische Parlament berät sich derzeit über ein Gesetz zum Ausstoß von Treibhausgasen. Dabei geht es aber zunächst nur darum, das Unternehmen künftig genau messen und angeben müssen, wie viel Emissionen sie ausstoßen.

Chinas Staatschef Xi Jinping brachte keine konkreten neuen Ziele mit. Er deutete jedoch erstmals an, die Kohlenutzung ab 2026 reduzieren zu wollen. Brasilien erklärte sich bereit, die illegale Abholzung des Amazonas bis 2030 zu beenden, seine Emissionen möchte das Land in den nächsten zehn Jahren um 50 Prozent senken.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte in ihrer Videobotschaft das neue Klimaziel der USA und den bisherigen deutschen Klimaschutz, gab aber keine neuen Versprechen für eigene Klimaziele ab.

Kritik: Klimagipfel zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Trotz der vielen Lippenbekenntnisse sehen Umweltorganisationen die Ankündigungen rund um den Klimagipfel kritisch. Laut Greenpeace hätten die größten Verschmutzer versäumt, die Welt auf Klimakurs zu bringen. Es fehle ein klarer, solider Pfad zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels, das das auch mit den neuen Versprechungen nicht zu erreichen sei. Zudem stünden die Klimaziele oft im Widerspruch mit der Vergabe von neuen Öl- und Gaslizenzen, Flughafenausbauten oder Subventionen für fossile Energieträger.

Die Ankündigungen bleiben vorerst genau das: Ankündigungen. Wie die Journalistin Susanne Götze im Spiegel schreibt, bleibt abzuwarten, ob die neuen Versprechen wirklich eingelöst werden. Das Uno-Klimaabkommen beruht schließlich auf Freiwilligkeit. Sollten die Ziele tatsächlich eingehalten werden, könnten die schlimmsten Szenarien für das Klima gerade noch so vermieden werden. So errechneten die Thinktanks Climate Analytics und NewClimate Institute im Dezember, dass sich das Weltklima dann durchschnittlich „nur“ auf 2,1 Grad erwärmen würde. Zumindest ließe sich das Pariser Klimaziel so annähernd einhalten. Es hängt aber alles von den Regierungen ab. Zudem braucht es konkrete Aktionen. Denn ohne diese nützen auch die ambitioniertesten Ziele wenig.

Der Klimagipfel war ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zur 26. Klimakonferenz (COP26), die im November in Glasgow stattfinden wird. Dem Gipfel folgen heuer der G-7 und G-20, bei denen die Klimakrise ebenfalls eine zentrale Rolle einnehmen wird.

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Titelbild:
Gage Skidmore from Surprise, AZ, United States of America, CC BY-SA 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0, via Wikimedia Commons