Blockierte Energiewende in Niederösterreich

Blockierte Energiewende in Niederösterreich

Schon heute stammen 73% des Stroms in Österreich aus Solaranlagen, Windrädern und Wasserkraftwerken. Bis 2030 soll die heimische Elektrizität zu 100% klimaneutral produziert werden. Für die Energiewende bleiben also noch weniger als zehn Jahre.

Auch Niederösterreich möchte seine erneuerbaren Energien weiter ausbauen, es ist einer der Punkte im Klima- und Energiefahrplan 2020 bis 2030. Bis 2030 soll etwa der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser um rund ein Fünftel gesenkt und langfristig zu 100 Prozent durch heimische, erneuerbare Energiequellen gedeckt werden. Bis 2030 sollen alle Landesgebäude mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage ausgestattet sein. PV-Anlagen sollen dabei bevorzugt auf Dach- und anderen versiegelten Flächen installiert werden. Um die langfristigen Ziele zu erreichen, werde „es aber auch Großflächenanlagen brauchen, die bevorzugt auf minderwertigen landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden sollen“ (S. 22).

Vor allem der letzten Punkt ist ausschlaggebend. Zwar gibt es über zwei Millionen Dächer in Österreich. Doch selbst wenn jedes zweite Dach mit Solarmodulen ausgestattet wird, reicht es nicht für 100% grünen Strom. Laut einer Studie im Auftrag von Österreichs Energie müssen für die Klimaneutralität künftig 11 Terrawatt (TW) aus PV-Anlagen kommen. Von diesen 11 TW müssen rund 4-5 TW auf Dächern installiert werden. Der Rest wird sich nur auf Freiflächen unterbringen lassen, wie es schon im Klima- und Energiefahrplan von NÖ heißt.

Raumordnungsnovelle blockiert PV-Projekte

Doch genau an diesem Punkt blockiert Niederösterreich die Energiewende. Denn wo PV-Anlagen errichtet werden, regelt die Raumordnung. Diese ist Ländersache, wird also von Niederösterreich selbst geregelt. Das Bundesland gibt Raumordnungsprogramme vor und die Gemeinden entscheiden, ob und für welchen Zweck eine Fläche eingesetzt („gewidmet“) wird.

Die Regierung in Niederösterreich beschloss im Herbst 2020 eine Novelle des Raumordnungsgesetzes. Sie umfasst viele sinnvolle Regelungen, die den Umweltschutz und die Reduzierung des Bodenverbrauchs zum Ziel haben. So werden etwa Neuwidmungen von Flächen eingeschränkt und die Anzahl an Parkplätzen bei Supermärkten begrenzt.

Doch auch für PV-Anlagen auf Freiflächen, die für die Energiewende nötig sind, gibt es strengere Kriterien: PV-Projekte, die größer als zwei Hektar sind, dürfen nur in dafür festgelegten Zonen errichtet werden. Diese sogenannte „Zonierung“ – wie das Raumordnungsprogramm inoffiziell heißt – muss jedoch erst erfolgen. Das dauert. Bis die Zonierung abgeschlossen ist, können Monate oder Jahre vergehen. Laut dem Land NÖ gibt es eine Frist bis Ende 2023. Für die PV-Branche viel zu spät. Ob überhaupt größere Freiflächen für Solarmodule ausgewiesen werden, ist unsicher. Das Land Niederösterreich räumt ein, dass PV auf Dächern und versiegelten Flächen Vorrang haben.

PV-Branchenverband und Firmen kritisieren Pläne

Beim Branchenverband Photovoltaik Austria sieht man diese Pläne kritisch. Man befürchtet, dass der notwendige PV-Ausbau in NÖ um bis zu 5 Jahre verzögert wird. Die Raumordnungsnovelle und die Zonierung der Flächen sei eine zusätzliche Hürde für die Energiewende. Projektentwickler von PV-Anlagen stehen vor dem Problem, dass sie nicht wissen, ob ihre Projekte in der Zone liegen und welche Flächen überhaupt für PV freigegeben werden. Bereits eingereichte Projekte für PV-Anlagen liegen vorerst still. Betroffen von der Zonierung in NÖ sind 10 – 15 PV-Projekte, die bereits unterschiedlich weit fortgeschritten sind. PV-Betreiber fordern, dass die Flächen vom Bundesland rasch gekennzeichnet und Projekte zügig genehmigt werden.

Bundesebene: Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz in Abschlussphase

Niederösterreich stellt sich bei der Energiewende bürokratische Hürden in den Weg. Einen Fortschritt hingegen gibt es zumindest auf Bundesebene. Am 1. Jänner hätte das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz in Kraft treten sollen, die türkis-grüne Regierung zögerte es immer weiter hinaus. Doch nun ist es so weit: Das Gesetz soll am kommenden Mittwoch, den 17.03. in den Ministerrat eingebracht werden. Läuft der parlamentarische Prozess wie geplant ab, könne das Paket noch vor dem Sommer in Kraft treten, so Umweltministerin Leonore Gewessler im Standard.

Laut Photovoltaic Austria liegen mittlerweile über 6.000 fertig entwickelte und genehmigte PV-Projekte vor, die auf Grund des fehlenden EAG nicht umgesetzt werden können. Ein zügiger Abschluss im Nationalrat könnte helfen, diese Projekte auf den Weg zu bringen. Und Österreich ein Stück weiter Richtung Energiewende.

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