Der Klimawandel in journalistischen Medien – Zur Wichtigkeit der Berichterstattung zur Klimakrise

Der Klimawandel in journalistischen Medien – Zur Wichtigkeit der Berichterstattung zur Klimakrise

Immer noch ist laut Expert*innen Luft nach oben in der medialen Klimaberichterstattung. Das zeigte sich auch beim 1. Alpenklimagipfel, bei dem sich Klimaforscher*innen und Klimaengagierte zur Klimakrise auf der Tiroler Zugspitze austauschten. Die Thematik der medialen Präsentation der Klimasituation wurde neben diversen weiteren Themen vor allem auf dem Panel Zwischen Alarmismus und Bagatellisierung – wie geht Klimakommunikation?, moderiert von RTL-Meteorologe Bernd Fuchs, diskutiert.

Gastbeitrag von Lorena Plaickner und Melanie Bischof

Silke Hansen, Meteorologin & Leiterin des ARD-Wetterkompetenzzentrums, betonte auf dem Panel, dass es im Journalismus mittlerweile nicht mehr nur darum geht, mehr von der Klimakrise zu berichten, sondern auch divers. Laut Markus Wadsak, ORF Wettermoderator und Meteorologe, handle es sich beim Klimawandel um die „größte Herausforderung, vor der wir in diesem Jahrhundert stehen“ und somit um das wichtigste Thema, das medial behandelt werden muss. Dafür brauche es vor allem Reichweite, so Wadsak, die insbesondere die Wetterberichterstattung im Fernsehen bieten könne. Sein Wetterbericht nach den ZIB-Nachrichten im ORF sei die drittmeistgesehene Sendung täglich. Diese Reichweite müsse genutzt werden. Lukas Bayer, Vorstandsmitglied des Netzwerks Klimajournalismus Österreich, hebt jedoch hervor, dass das Klima „raus aus dem Wetterbericht“ müsse und von den Medien in jedem Thema strategisch mitgedacht werden muss. Vor allem vor dem Hintergrund, dass jede fünfte jugendliche Person in Deutschland nicht wisse, was der Klimawandel ist, wird das Ziel, die breite Masse zu erreichen, für Bayer noch bedeutender.

Wissenschaftsjournalist Christian Stöcker stimmt dem zu. Er erklärt, dass es in der Klimakommunikation ein „systematisches Problem“ gäbe. Beispielsweise sei die Sportberichterstattung oftmals der Ansicht, dass das Thema Klima für diese Art von Berichten weniger relevant sei. Für Stöcker gibt es in den journalistischen Medien aberkein Ressort mehr, wo Klima kein Thema ist. Tatsächlich wird das Klima in nur 1,8% der Sendeminuten im Fernsehen thematisiert, wobei es nur sehr selten in Hauptabendprogrammen vorkommt, wie Irene Neverla, Professorin für Journalismus und Kommunikationswissenschaften an der Universität Hamburg, erklärt. Zudem haben die Medien mit der Art, wie über Klima berichtet wird, eine enorme Verantwortung dafür, das Ganze richtig einzuordnen und Kontext zu geben, wie Veronika Kurz von der Letzten Generation findet. Sie kritisiert die vorwiegend negative Berichterstattung zu Klimaprotesten. Laut Kurz würden in den Medien vorwiegend die negativen Auswirkungen der Proteste hervorgehoben, wobei die Erklärung der Hinter- und Beweggründe außer Acht gelassen werden. Die Medien leisten einen großen Beitrag dazu, dass der Diskurs viel negativer ist als er sein könnte und wir würden bereits auf einer ganz anderen Stelle sein, wenn viel positiver berichtet und wissenschaftlicher beleuchtet würde, so Kurz. Trotzdem hat sich für sie bereits einiges getan, da das Thema Klimakatastrophe mittlerweile einen relativ großen medialen Raum bekommt. „Und da sind definitiv unsere Proteste auch Teil davon“, ergänzt die Klimaaktivistin.

Die Berichterstattung mit Einbezug von essenziellen Hintergrundinformationen ist auch für Wadsak von großer Bedeutung, da jene Menschen, die die Klimakrise kommunizieren, die Aufgabe haben, sie „richtig“ zu kommunizieren. Als Journalist*in muss also jedes Mal überlegt werden, mit wem gesprochen und wie ein Thema aufbereitet wird. Die Aufklärung der Menschen, die vor allem durch die mediale Berichterstattung erfolgen kann, ist für Wadsak essenziell, um etwas zu bewegen. „Wenn sie es verstehen […], können mehr Menschen ins Boot geholt werden, um gemeinsam Fahrt aufzunehmen.“ Dafür müsse aber ganz klar kommuniziert werden, was uns droht, sagt Wadsak.

Dennoch muss hierbei ein sinnvoller Kompromiss zwischen der Notwendigkeit aufzuzeigen, was gerade geschieht, und extremem Alarmismus gefunden werden. Zu viel Alarmismus könne nach hinten losgehen. Dadurch werde etwa im Fernsehen immer mehr weggeschalten und von den Menschen eine Passivhaltung eingenommen, erklärt Klimapsychologe Fabian Hirt. Zu viel Konfrontation mit der Klimakrise könne die Menschen nämlich in eine passive Haltung bringen, wenn nicht sogar in eine bewusste Vermeidung dieses Themas. So müssen laut Hirt gleichzeitig zur Berichterstattung zu den Gefahren auch explizit Möglichkeiten aufgezeigt werden, was dagegen getan werden könne.

Hirt und Stöcker nannten beide die Unterhaltungsmedien als große Möglichkeit, um divers über die Klimakrise zu berichten. „Wir brauchen Veranstaltungen, wo nicht Klima draufsteht, aber Klima drin ist“, so Hirt. In der Unterhaltungsbranche, die laut Stöcker ein „unterschätzter Hebel“ in der Klimakommunikation sei, könnten etwa Klima-Geschichten erzählt werden. Geschichten sind das, was die Menschen anspricht, was die Menschen erreicht. Dadurch können auch Themen wie die Klimakrise divers verpackt und für die Menschen zugänglicher gemacht werden. Insgesamt muss Klimakommunikation laut den Expertinnen und Experten in den journalistischen Medien präsenter, offener, ausführlicher und diverser thematisiert werden, denn „wir steuern auf eine bessere Welt zu, wenn wir auf sie aufpassen und wenn wir Klimaschutz ernst nehmen“, wie Wadsak betont. Und die Medien spielen für dieses Ziel eine enorm wichtige Rolle, die, wenn sie entsprechend genutzt wird, Großes bewirken kann.

Foto: Tiroler Zugspitz Arena / Franz Oss