Unter dem Motto „Die Zeit der Ausreden ist vorbei“ fand am Dienstag, den 17.11. das erste digitale Fairtrade-Forum mit rund 150 Teilnehmer*innen statt. Zu Gast waren neben Fairtrade-Geschäftsführer Hartwig Kirner und Andrea Fronaschütz (Gallup Institut) auch Rechtsanwältin Michaela Krömer (Klimaklage.at) und Manfred Nowak vom Global Campus of Human Rights.
Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich, betonte in seinem Vortrag, dass die Corona-Krise globale Abhängigkeiten gezeigt habe. Zudem zeige sie „wie ein Vergrößerungsglas“, dass besonders benachteiligte Gruppe leiden. Umso wichtiger sei es, ein sicheres Leben für Menschen entlang der Herstellungsketten zu ermöglichen. Konsument*innen seien durchaus bereit, für ordentliche Produkte zu zahlen. Das Fairtrade-System leiste zwar einen wesentlichen Beitrag, es bedürfe aber einer kollektiven Anstrengung, um die Verletzung von Menschenrechten entlang der Lieferketten effektiv zu bekämpfen. Er appellierte an die österreichische Regierung, sich für gesetzliche Rahmenbedingungen einzusetzen.
Nachhaltigkeit auch in der Krise wichtig
Dass das Thema Nachhaltigkeit auch in der Krise wichtig geblieben ist, zeigte Andrea Fronaschütz vom Gallup Institut. Im Auftrag von Fairtrade hatte das Institut eine Studie mit 1.000 Befragten durchgeführt. Untersucht werden sollte, wie sich die Pandemie auf die Nachhaltigkeit auswirkt. Das Thema bleibe enorm wichtig und habe über den Sommer sogar zugenommen, so Fronaschütz. Nachhaltigkeit sei ein Thema, das über demografische Gruppen hinweg wichtig sei. Das treffe auch bei Personen zu, die direkt von der Krise betroffen sind. Beim Kauf von Lebensmitteln sei die artgerechte Tierhaltung für knapp 60% der Befragten wichtig. Dass die Produkte fair gehandelt und biologisch sind, halte jeweils ein Viertel für wichtig. Die gestiegene Relevanz begründete Fronaschütz mit dem Bedürfnis der Menschen, durch nachhaltigeres Handeln Krisen in Zukunft besser vermeiden zu können.
Kritik an der Justiz, Appelle an die Politik
Die von STANDARD-Redakteurin Verena Kainrath moderierte Live-Diskussion widmete sich dem Thema „Menschenrechte, Klimawandel, Fairer Handel – Chance nach Corona“. So engagiert sich bspw. Michaela Krömer mit Greenpeace für ein Recht auf Zukunft. Ihre Klimaklage wurde im Oktober vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) zurückgewiesen. Gegen das Urteil reicht sie nun eine Klage am Gerichtshof für Menschenrechte ein. Schwierig sieht sie generell den Zugang zum Recht.
„Wir haben in Österreich keine sinnvolle Beschwerdemöglichkeit, Rechte in Bezug auf die Klimakrise einzufordern“
Michaela Krömer, klimaklage.at
Hartwig Kirner von Fairtrade betonte, dass der Klimaschutz für den fairen Handel ein großes Thema darstellt. Oft brächten es Produzierende selbst in die Diskussion ein. Gerade beim Kaffeeanbau mache sich der Klimawandel schnell bemerkbar. Die Aufgabe von Fairtrade sehe er darin, unmittelbar betroffenen Menschen dabei zu helfen, sich anzupassen. Manfred Nowak erwartet von der Politik, dass sie die Vorgaben und Gelder der EU in die richtige Richtung lenkt, z.B. in umweltschützende Investitionen. Die ökonomische Ungleichheit müsse verändert werden, ansonsten seien die Demokratie-Krisen nicht zu lösen.
An nationale Anstrengungen hingegen appellierte Michaela Krömer. Im Gesetz müsse ein Treibhausbudget verankert werden, das Österreich tatsächlich zur Verfügung steht. Für die Diskutierenden standen die Themen Menschenrechte und Klimakrise nicht in Konkurrenz zueinander. Vielmehr würden Menschenrechte durch die Klimakrise stark beeinträchtigt werden. „Die Klimakrise ist auch eine Krise der Grund- und Menschenrechte“, so Krömer.
Der Verein FAIRTRADE Österreich setzt sich seit 1993 für fairen Handel mit Bauernfamilien und Beschäftigten auf Plantagen in Afrika, Asien und Lateinamerika ein. Er vergibt in Österreich das FAIRTRADE-Siegel.
Weiterführende Informationen
- Mehr Infos zum Fairtrade Forum 2020 und Nachlese.
- Zur Studie des Gallup Instituts: Corona-Krise und Fairtrade
- Klimaklage.at
- Titelbild © TransFair e.V. / Ilkay Karakurt