Jugenddelegierte fordern nach Energiekonferenz in USA mehr Beteiligung

Jugenddelegierte fordern nach Energiekonferenz in USA mehr Beteiligung

Ausgerechnet in Pittsburgh, wo einst Industrie und Kohlekraftwerke unerträglichen Smog verursachten, fanden im September 2022 zwei Konferenzen zu Erneuerbaren Energien und Klimaschutz statt. Die österreichische Regierung war mit einer rund 15-köpfigen Delegation angereist. Mit dabei waren auch Isabella Pfoser und Michael Spiekermann, Mentor*innen der UNFCCC Jugenddelegierten der NGO CliMates Austria.

Als Michael am Tag des zehnten weltweiten Klimastreiks (Freitag, 23.09.2022) im Pittsburgher Konferenzgebäude mit einem Streikschild in der Hand ein paar Fotos machte, dauerte es keine fünf Minuten, bis Sicherheitspersonal kam und ihn trotz längerer Diskussion aus dem Gebäude warf.

UNFCC Jugenddelegierter Michael Spiekermann protestiert mit einem Schild vor dem Clean Energy Action Forum in Pittsburgh. Auf dem Schild steht: Be braver, be faster, take risks.

Auf dem Protestschild stand: „Seid mutiger. Seid schneller. Geht mehr Risiken ein.” Die Frage, ob diese Aussage im Anblick der Klimakrise zu “radikal” oder “provokant” ist, darf sich jede Person selbst beantworten.

Unsere Vermutung: Wären diese drei Sätze aus dem Mund einer Ministerin oder eines Ministers gekommen, hätte der ganze Saal applaudiert.

Weil Michael aber Jugendlicher und kein Politiker war und nicht in, sondern vor dem Konferenzsaal stand, war seine Botschaft unerwünscht.

Das ist alles andere als ein fairer Umgang mit Jugendlichen. Daher schrieben wir Drew Leyburne, Vorstand der 2015 auf der Pariser Klimakonferenz gegründeten “Mission Innovation” eine Mail mit Vorschlägen, wie er auf der nächsten Konferenz Jugendliche besser einbinden kann.

Worum geht es auf den Konferenzen?

2022 fand in Pittsburgh die 7. Mission-Innovation-Konferenz statt. 20 Länder, darunter die USA, China, Brasilien und Österreich, verfolgen hier ein gemeinsames Ziel: Sie möchten doppelt so viel Geld in die Erforschung und Entwicklung erneuerbarer Energien und Technologien investieren wie bisher.

Konkret geht es um acht Technologiebereiche wie intelligenten Stromnetze, Wasserstoff, energieeffiziente Kühlgeräte oder die Speicherung von Kohlenstoffemissionen unter der Erde. 

Auf der  13. Minister*innenkonferenz für saubere Energie (Clean Energy Ministerial, CEM), die parallel zu MI7 im gleichen Gebäude stattfand,diskutierten wichtige Länder, große Unternehmen und namhafte Expert*innen die Frage, wie saubere Energien schneller ausgerollt werden können.

Einblicke ins Programm der österreichischen UNFCCC-Jugenddelegierten

Als Jugenddelegierte waren Isabella und Michael Teil der Delegation und hatten Zutritt zur eigentlichen Konferenz. Neben Gesprächen mit Vertreter*innen der österreichischen Delegation besuchten wir Side-Events und nahmen selbst an einigen Podiumsdiskussionen teil. Isabella diskutierte beispielsweise zu Just Transition (“gerechte Transformation”), und wie man Jugendliche besser  in multilaterale Entscheidungen einbinden könnte.

Isabella Pfoser diskutiert mit Jugendlichen über die Klimakrise.

Auch mit Politiker*innen haben wir uns getroffen. Unter anderem mit dem bereits erwähnten Drew Leyburne, der zudem Vertreter des kanadischen Ministers für natürliche Ressourcen ist.

Wir wiesen Leyburne darauf hin, dass in puncto Einbindung der Jugendlichen einiges falsch läuft; wir versuchten, ihn mit unseren Gedanken über die Dringlichkeit der Klimakrise “wachzurütteln” und glaubhaft zu vermitteln, dass wir Europäer*innen wenig von Kanadas Klimapolitik halten.

Internationale Studien zeigen, dass in Kanada in fast allen Bereichen der Klimapolitik noch viel stärkere Maßnahmen beschlossen werden müssten, damit das Land seine Klimaschutz-Versprechen einhält.

Jugendliche werden schlecht eingebunden

Auch mit Jugendlichen aus anderen Ländern haben wir auf der Konferenz gesprochen. Viele waren enttäuscht, dass sie kaum mitreden konnten und keinen Einfluss auf die Ergebnisse der Konferenz hatten. Zum einen lag es wohl an mangelnder Vorbereitung. Wer keine klaren Positionen oder Forderungen zu den diskutierten Themen hat, kann nur oberflächlich mitreden. Zum anderen lag es aber an den fehlenden Kontaktmöglichkeiten zur Politik. Wir Jugenddelegierte hatten zwar eine klare Agenda und vorbereitete Gesprächspunkte; aber auch die wochenlange Vorbereitung brachte uns wenig, weil Minister*innen und deren Teams stets hinter verschlossenen Türen verhandelten und nur am Weg zum nächsten Termin kurz an uns vorbei eilten. 

Mehrere Situationen blieben negativ in Erinnerung

Ein erheblicher Teil der zur Konferenz eingeladenen und angemeldeten Jugendlichen konnte nicht teilnehmen, weil sie kein Visa bekamen oder weil die laut eigenen Angaben versprochene finanzielle Unterstützung nicht gezahlt wurde.

Als Sonderprogramm für Jugendliche wurde ein Ideen-Hackathon organisiert. Das Ergebnis des Hackathons war ein Optionen-Bericht an die Politik – ein weiteres Papier, das mit hoher Wahrscheinlichkeit in den Schubladen verschwinden wird. Wegen des Hackathons konnten viele aber nicht an der eigentlichen Konferenz teilnehmen und sich somit nicht an den Verhandlungen beteiligen. 

Es gab keine Plattform, auf der Jugendliche mit Politiker*innen und CEOs diskutieren konnten. Die wichtigsten Entscheidungen wurden hinter verschlossenen Türen diskutiert – ohne Jugend.

Bei den wenigen Podiumsdiskussionen, auf denen Jugendliche sprechen durften, machten sich die Erwachsenen schnell wieder aus dem Staub, sobald sie ihren Redebeitrag getan hatten. Zeit für Gespräche im kleinen Rahmen gab’s nicht.

Unsere Forderungen für eine wirksame Beteiligung der Jugend auf Klima-Konferenzen

  • Machen Sie für die Jugendlichen kein „Extraprogramm“, sondern beziehen Sie die Jugendlichen in die High-Level-Diskussionen ein. Viele Jugendliche haben wertvolle Erfahrungen, Einblicke und Beiträge, die es wert sind, gehört zu werden.
  • Während der Konferenz sollte es zwei fixe Zeitfenster geben, wo die Delegationen in den Austausch mit Jugendlichen gehen und keine bilateralen Gespräche eingeplant sind.
  • Für künftige Konferenzen müssen ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt werden, um allen Jugendlichen die Anreise, Unterbringung und Verpflegung zu ermöglichen. Im Vergleich zu den Kosten der Konferenz sind diese Kosten nur sehr gering.
  • Laden Sie Jugendliche ein, die für Klimaschutz brennen, aktiv sind, gut reden können und unabhängig von politischen oder wirtschaftlichen Interessen argumentieren. Nicht jede jugendliche Person kennt die katastrophalen Folgen der Klimakrise. Und wenn die Atomkraft-Lobby junge Leute dafür bezahlt, auf der Konferenz für Atomkraftwerke zu werben, dann muss klar sein, dass das nicht unbedingt die Stimme der Jugend ist, sondern die Stimme einer Wirtschaftsbranche.
  • Lassen Sie Menschen wie David Attenborough oder Jane Goodall auf internationalen Konferenzen sprechen. Sie reden viel mit Jugendlichen und können ihre Stimme verstärken, weil sie äußerst glaubwürdig und engagiert sind.
  • Es ist wertvoller, wenn die Jugendlichen die Ergebnisse ihrer Diskussionen und Projekte direkt mit Entscheidungsträger*innen diskutieren können, anstatt Policy Briefs oder Positionspapiere zu schreiben. Politiker*innen neigen dazu, diese Papiere nicht ausführlich zu lesen. Außerdem vermitteln schriftliche Texte weniger Emotionen als gesprochene Worte; und in wenigen Bereichen sind Emotionen wie Angst, Wut und Liebe wichtiger als im Kampf für das Pariser Abkommen und globale Klimagerechtigkeit.

Fazit: Viel Gerede, wenig Tatendrang

Die Mentor*innen der UNFCCC Jugenddelegierten Isabella Pfoser (links) und Michael Spiekermann mit zwei Jugendlichen auf der Energiekonferenz in Pittsburgh.

Der Austausch mit Drew Leyburne war erfolgreich. Es wurde uns zugesichert, dass unser Feedback bei der Planung der nächsten Konferenz mit einfließt. Dieses Versprechen  werden wir auch zusammen mit Student Energy, einem globalen Netzwerk für junge Menschen im Energiesektor mit Sitz in Kanada, verfolgen und beobachten.

Dennoch müsste man das Green Climate Action Forum eher Green Climate Discussion Forum nennen, denn der Wille, eine radikale 1,5-Grad-Politik umzusetzen, war für uns nur selten erkennbar. Wir hatten uns mehr von Pittsburgh erwartet.

Kaum jemand auf dieser Konferenz sprach die unangenehmen Fragen an, niemand kämpfte für mutige Lösungen. Warum? Es fehlten die Politiker*innen, die sich für radikalen Klimaschutz im eigenen Land einsetzen. Radikaler Klimaschutz bedeutet, dass sofort aufgehört wird neue Öl- und Gasfelder zu erschließen, dass kein Cent Steuergeld mehr für fossile Subventionen ausgegeben wird, und Gesetze beschlossen werden, um Erneuerbare im Rekordtempo auszubauen.

Klimaneutralitätsziele von Staaten und Unternehmen sind wichtig, aber scheinheilig, wenn es für Kohle, Öl und Gas keine klaren Ausstiegspfade gibt. Um das Pariser 1,5-Grad-Limit einzuhalten, müssen bis 2030 die Hälfte der globalen THG Emissionen eingespart werden. Dafür braucht es stärkere Ziele, bessere Klimapläne und weitreichende Maßnahmen. Industriestaaten haben den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an CO2-Emissionen und müssen deswegen mit radikalem Klimaschutz plus entsprechenden sozialen Ausgleichsmaßnahmen vorangehen.

Klar ist: Wenn Staaten wie Kanada, USA, aber auch Österreich weitermachen wie bisher, wird der globale CO2-Ausstoß auch in den nächsten zehn Jahren steigen und dann steuern wir mitten in die Klimakatastrophe hinein. Die Politiker*innen und Unternehmensführer*innen müssten die hier auf der Konferenz diskutierten Maßnahmen auch im eigenen Land umsetzen. 

Und das ist genau die Rolle von uns Jugendlichen und deshalb ist es wichtig, dass wir auch auf diesen Konferenzen vertreten sind. Als Jugendliche schauen wir den Politiker*innen und Unternehmer*innen unseres Landes auf die Finger. Wir sind dazu angehalten, uns genau zu merken, was sie auf solchen Konferenzen versprechen, um im Anschluss die konkrete Umsetzung einzufordern.


Fotos: UNFCCC Jugenddelegierte; privat