Gallup-Studie: Österreichs Medien und der Klimawandel

Gallup-Studie: Österreichs Medien und der Klimawandel

Das Gallup Institut und das Medienhaus Wien präsentierten am Mittwoch eine neue Studienreihe mit dem Titel „Österreichs Medien und der Klimawandel“, basierend auf der bereits achten Erhebung zu „Covid-19 und Medien“. Mehr als die Hälfte der 16-30Jährigen sind der Meinung, dass die Medien zu wenig über den Klimawandel berichten. Viele aus dieser Gruppe informieren sich über die sozialen Medien, in denen der ORF gesetzlich eingeschränkt ist.

Es ist die erste Erhebung dieser Art und sie zeichnet deutliche Bilder. „70% der österreichischen Bevölkerung geben an, sehr oder eher großes Interesse an Nachrichten über den Klimawandel bzw. den Umwelt- und Klimaschutz zu haben. In der Selbsteinschätzung fühlt sich gut die Hälfte (53%) als sehr gut oder gut über das Thema informiert, 13% eher oder gar nicht gut und 35% mittelmäßig gut“, schreibt das Gallup Institut in einer Presseaussendung. Die Studie wurde auf einer virtuellen Pressekonferenz von Gallup-Institutsleiterin Dr. Andrea Fronaschütz und Dr. Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien präsentiert und vom Presseclub Concordia ausgerichtet.

Kaum Zweifel an menschengemachtem Klimawandel

Zwei Drittel der Befragten (n=1000) gaben an, dass der Klimawandel ausschließlich oder überwiegend durch den Menschen verursacht ist. Als überwiegend oder ausschließlich natürlichen Prozess nehmen den Klimawandel hingegen sieben Prozent wahr. Ein Prozent geht davon aus, dass es keinen Klimawandel gibt.

Unausgewogene Berichterstattung

Ein Drittel ist der Meinung, dass zu wenig über die Klimakrise berichtet wird, während es für 18% zu viel ist. Vor allem junge Menschen wünschen sich mehr Raum für das Thema (55% der 15-30Jährigen). Ähnlich hohe Werte ergeben sich auch für Anhänger der Grünen (59%) und für jene, die die Klimakrise ausschließlich oder überwiegend auf den Menschen zurückführen (48%).

„Die Daten unterstreichen die Notwendigkeit einer sachlichen, faktenbasierten Auseinandersetzung der Medien mit dem Thema Klimawandel. Im Moment werden die Risiken aus Sicht verschiedener Bevölkerungsschichten in der Berichterstattung überwiegend übertrieben oder heruntergespielt,“ kommentiert Fronaschütz die Studienergebnisse.

Die Meinungen gehen auch hinsichtlich der Darstellung der Klimafolgen auseinander. Für ein Drittel der Befragten ist sie zu positiv, 20% sind dagegen der Meinung, dass die Folgen in der Berichterstattung übertrieben werden. Grünen-Wähler, junge Menschen und jene, die die Klimakrise ausschlielich oder überwiegend auf den Menschen zurückführen, sehen die Berichterstattung am ehesten als verharmlosend. Übertrieben ist sie hingegen insbesondere für FPÖ-Sympathisanten und Klimawandel-Leugner oder Verharmloser.

Große Unterschiede in der Mediennutzung zum Klimawandel

Zwei Drittel der Befragten informieren sich über Fernsehen, die Hälfte über Zeitungen und ein Drittel über das Radio. 23% der Allgemeinbevölkerung greift auf soziale Medien zurück.

Über 50-Jährige informieren sich doppelt so häufig über klassische Medien (TV 78%, Zeitungen 60%, Radio 39%) als unter 30-Jährige (TV 43%, Zeitungen 30%, Radio 22%). Für die jüngere Bevölkerung sind soziale Medien hingegen die bevorzugte Informationsquelle: 48% der unter 30-Jährigen greifen darauf zurück.

Fronaschütz: „Junge Bevölkerungssegmente stehen der Klima-Berichterstattung am kritischsten gegenüber. Aus ihrer Sicht wird in den Medien zu wenig und zu verharmlosend über den Klimawandel berichtet, sie fühlen sich am wenigsten gut informiert. Ihre Informationen zum Thema Klima beziehen sie eher in den sozialen Medien und auf den offiziellen Webseiten als in den klassischen Medien. Für Medienmarken mit digitalen Kanälen ist dies eine Chance, durch Social-Media-Präsenz diese Altersgruppe beim Thema Klima abzuholen.“

Soziale Medien und der ORF

Die Auswertung der Nutzung sozialer Medien ist für den ORF besonders relevant, da er hier gesetzlich eingeschränkt ist. Inhalte dürfen nicht ausschließlich für die sozialen Medien oder den geplanten ORF-Player („online-only“) produziert werden. Auch die Erstveröffentlichung im Netz („online-first“) ist untersagt. Es bräuchte eine Gesetzesänderung, damit der ORF Plattformen wie Youtube, Instagram, Tiktok und Co. gezielt bespielen kann.

Als öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist der ORF auch dahingehend eingeschränkt, dass Inhalte nach sieben Tagen aus dem Netz genommen werden müssen. Das könnte sich aber bald ändern. Mit der Bestellung von Roland Weißmann als neuen Generaldirektor des ORF wurde die Digitalnovelle, die Inhalte ausschließlich und zuerst für das Netz ermöglichen soll, „in der Regierung praktisch mitbeschlossen“, wie der scheidende Generalsekretär Alexander Wrabetz in einem Interview mit dem STANDARD zu Wort gab. Die Novelle soll auch der sieben-Tage-Schranke ein Ende bereiten, „Cross Promotion“ zwischen Medien ermöglichen und die App-Entwicklung erleichtern. Damit könnte der ORF auch den digitalen Markt ungehindert in Angriff nehmen und seinem Bildungsauftrag in der Klimakrise gegenüber einem jüngeren Publikum besser nachkommen.

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Titelbild: Dr. Andrea Fronaschütz, ©Das Österreichische Gallup-Institut GmbH