Greenwashing und Bluewashing am Black Friday

Greenwashing und Bluewashing am Black Friday

Am Black Friday verleiten Unternehmen mit absurden Rabattaktionen zum Konsum. Der „Feiertag” ist alles andere als nachhaltig, Unternehmen greifen neben Greenwashing auch vermehrt auf Bluewashing zurück und verpassen so dem Konsumwahn einen neuen Anstrich. Inspektorin Grün und klimareporter.in stellen die Probleme vor und haben einige Alternativen für dich bereit.

Ein Beitrag von Florian Mendl (Rechercheplattform Inspektorin Grün) und Astrid Sailer (klimareporter.in)

Ende November ist es wieder soweit: Der nächste Black Friday steht vor der Tür. Wie jedes Jahr wird am vierten Freitag im November zum Konsum aufgerufen. Teils absurde Rabatte sollen Kund*innen dazu verlocken, möglichst viel “billig” einzukaufen.  So verlockend das klingen mag, guten Gewissens kann man sich für diesen “Feiertag” nicht mehr begeistern. Nachhaltigkeitsexpert*innen kritisieren seit Jahren die negativen Auswirkungen auf Klima, Umwelt und Menschenrechte. Mit den billigen Angeboten verleiten Konzerne zu Impulskäufen, welche wiederum zu vermehrten Retouren führen.

Ein großer Anteil dieser retournierten Ware wird nicht wiederverwendet, sondern vernichtet. Alleine in Österreich wurden im Jahr 2019 33 Millionen Pakete zurückgeschickt, das sind 2.800 Pakete pro Stunde. Dazu kommen teils menschenunwürdige Bedingungen in den Produktionsstätten, in denen die Ware produziert wird.

Black Friday – was ist das?

Der Black Friday ist ein inoffizieller amerikanischer Feiertag.  Es wird angenommen, dass er in Anlehnung an den Wirtschaftsjargon „Black Friday“ genannt wird, was auf den Zeitpunkt hindeutet, an dem ein Unternehmen finanziell profitiert, also „schwarze Zahlen schreibt“. In den letzten Jahren hat sich das US-amerikanische Shopping-Phänomen über die ganze Welt ausgebreitet, sowohl in Geschäften als auch online. Seither hat es sich von einem einzigen Verkaufstag zu einem viertägigen Ereignis ausgeweitet, zu dem auch der Cyber Monday – kurz BFCM – gehört. Einige Unternehmen haben sogar begonnen, um diesen Zeitraum herum bis zu zwei Wochen lang „Frühverkäufe“ anzubieten.

Profit hat Priorität

Für viele Unternehmen zählt dieser Tag zu den verkaufsstärksten des Jahres. Diesen finanziellen Vorteil wollen sich selbst vermeintlich nachhaltige Unternehmen nicht entgehen lassen. Bei ihrer nachhaltigkeitsbewussten Zielgruppe hat das Verkaufsevent wegen der Rabattschlachten und des Überkonsums aber einen schlechten Ruf. Um trotzdem Kaufanreize zu schaffen, müssen die Unternehmen kreativ werden. Durch Greenwashing-Kampagnen wird deshalb versucht, den Black Friday zum ‘Green Friday’ umzugestalten.

Aus schwarz wird grün

Als Greenwashing bezeichnet man Bemühungen, die Umweltverträglichkeit eines Unternehmens oder Produktes positiver darzustellen als sie ist. Zu den klassischen Strategien zählt der Vergleich mit umweltschädlicheren Produkten, die das eigene in ein besseres Licht rücken sollen, obwohl es lediglich das geringere Übel darstellt. Auch vage, nicht-standardisierte Begriffe wie umweltfreundlich oder nachhaltig werden häufig verwendet.

Die Green Vote Week des nachhaltigen Modelabels Armedangels rund um Black Friday 2020 löste eine hitzige Debatte in den sozialen Medien aus. Das Unternehmen gab seinen Konsument*innen die Wahl zwischen Rabatten und Spenden für die Regenwaldrettung. Für seine vermeintlich nachhaltigere Alternative zum Black Friday wurde das Unternehmen allerdings scharf kritisiert. Denn nach Ende der Aktionsperiode teilte es die Ergebnisse ihres selbstbetitelten Experiments auf Instagram: 80 Prozent der Konsument*innen hätten den vollen Rabatt gewählt, anstatt den Regenwald zu schützen. Das Unternehmen zeigte sich sichtlich enttäuscht. Konsument*innen warfen dem Unternehmen daraufhin vor, die Verantwortung auf sie abzuwälzen. Das Unternehmen versuche sie zudem so darzustellen, als wäre ihnen der Regenwald nicht wichtig genug. Dabei war der Rabatt im Schnitt höher als der Spendenbeitrag und die Entscheidung somit für viele eine finanzielle Frage. Außerdem machte sich das Unternehmen, wie auch einige andere nachhaltige Labels, der Schönfärberei schuldig. Unternehmen erhoffen sich dadurch, die Vorteile vom Black Friday genießen zu können, ohne negative Assoziationen zu riskieren.

Screenshot der Black Friday-Aktion von Armedangels 2020. Kund*innen hatten die Wahl zwischen Spenden für den Regenwaldschutz und Rabatten unterschiedlicher Höhe. Quelle: @armedangels

Greenwashing und Bluewashing

Marketingkampagnen, die die Umwelt nur für den finanziellen Gewinn nutzen, fördern das „Buy-Waste-Buy„-Prinzip, indem sie umweltbewusste Verbraucher*innen ansprechen und ihnen vorgaukeln, nachhaltigen Konsum zu ermöglichen. In einem Bericht von Pulse of the Fashion aus dem Jahr 2017 wurde festgestellt, dass die marktorientierte Nachhaltigkeit in Bezug auf den tatsächlichen Nutzen für die Umwelt große Grenzen hat, da Marken immer noch mehr verkaufen müssen, um einen Gewinn zu erzielen, und Initiativen, die ökologische und soziale Themen in Verkaufskampagnen ansprechen, nur zum Buy-Waste-Buy-Zyklus beitragen. 

Konsum ist nicht nur ein Problem für Klima und Umwelt, es ist auch ein soziales. In beschönigten Black Friday-Kampagnen wird auch bewusstes Bluewashing betrieben. Bluewashing ist das soziale Pendant zu Greenwashing, also die Schönfärberei der Menschenrechts- und sozialen Bemühungen eines Unternehmens. Oft handelt es sich dabei um die Zurschaustellung oberflächlicher sozialer Maßnahmen, die ein Unternehmen in ein gutes Licht rücken sollen, während tatsächliche Menschenrechtsbemühungen wie faire Bezahlung oder gute Arbeitsbedingungen ausbleiben. In den schlimmsten Fällen wird Bluewashing als Ablenkungsmanöver genutzt, um tatsächliche Menschenrechtsverletzungen zu vertuschen. Der Begriff ist eine Anspielung auf die blaue Farbe der UNO und den United Nations Global Compact (UNGC), unter dessen Deckmantel sich teilnehmende Unternehmen sozial engagierter geben als sie sind. 

Neuer Anstrich fürs Image 

Um Nachhaltigkeit vorzutäuschen, wird dem Verkaufsevent oft ein neuer Anstrich verpasst. Aus Black Friday wird Green Friday, Social Friday, oder Give Back Friday gemacht und das Event bekommt eine positive Konnotation. So wird der Anschein erweckt, dass sich Unternehmen vom Black Friday distanzieren. Häufig unterscheiden sich die Aktionen allerdings nur im Namen – Rabatte oder ähnliche Kaufanreize gibt es trotzdem. Es ist also oft nicht mehr als ein Rebranding, um das Image aufzupolieren. 

Die Rabattschlachten am Black Friday werden mit Überkonsum und Gier assoziiert. Deshalb ersetzen einige nachhaltige Unternehmen die Rabatte durch ‚gute Taten‘. So wird anstelle von Rabattaktionen etwa mit Aufforstungsinitiativen oder Spendenaktionen geworben. Für jede Bestellung wird ein Baum gepflanzt oder eine kleine Summe für karitative Zwecke gespendet. Et voilà: In den Köpfen der Konsument*innen wird eine positive Assoziation geweckt. Mit ihrem Einkauf verbinden sie jetzt nicht mehr Überkonsum, sondern das Gefühl, eine gute Tat vollbracht zu haben. Das Gewissen ist beruhigt; es wird mehr gekauft. Der Kern des Problems wird  so nicht gelöst.

Wenn nachhaltige Unternehmen Greenwashing und Bluewashing betreiben, legitimieren sie die Schönfärberei bei nichtnachhaltigen Labels. Damit schaden sie sich selbst: Ihr Wettbewerbsvorteil geht verloren. Denn für Konsument*innen wird es zunehmend schwieriger, schöngefärbte von tatsächlichen Bemühungen zu unterscheiden. 

​​Wie man am Black Friday nachhaltiger konsumiert

Genauer hinsehen. Ist die Aktion eine tatsächlich nachhaltigere Alternative oder werden Impulskäufe und Überkonsum genauso gefördert wie bei herkömmlichen Aktionen? Zahlt man womöglich bloß steuerlich absetzbare Spenden für die Unternehmen, die für sie sogar günstiger sind als Rabatte? Gibt es abseits vom Black Friday häufig Rabatte, aber an diesem Tag wird daran Kritik geübt? Spendet das Unternehmen auch, ohne die Spenden an einen Produktkauf zu binden? In der Regel gilt: Langzeitbemühungen sind nachhaltiger als zeitlich beschränkte Maßnahmen.

Aktionen smart nutzen. Lasst euch nicht von falschen Rabatten täuschen. Für Produkte, die man tatsächlich braucht, lohnt es sich, Preise über längere Zeit zu beobachten, um den günstigsten Preis zu ergattern. Dann können sich Black Friday-Rabatte auch wirklich auszahlen. Außerdem können so Impulskäufe vermieden werden.

Nichts kaufen. Auch an anderen Tagen gibt es Aktionen. Teils werden für den Black Friday sogar extra vorher die Preise angehoben, damit die Rabatte besser wirken. Nichts zu kaufen ist zudem die klima- und umweltschonendste Alternative.


  • Eine umfassende Studie rund um Greenwashing und Bluewashing am Black Friday findest du hier.
  • Warum Online-Shopping auch abseits des Black Friday problematisch sein kann, kannst du hier nachlesen.
  • Mehr über Greenwashing findest du auf der Rechercheplattform Inspektorin Grün.

Titelbild: Monica Lorenzo