„Österreich hat keine ernstzunehmende Klimastrategie“, meinte Greenpeace-Klima-Sprecher Adam Pawloff kürzlich im Interview mit klimareporter.in. Aber ist das wirklich so? Hier unsere Annäherung an das „Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie”: Damit will die österreichische Bundesregierung erste Schritte setzen, um ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Klima-Abkommen zu erfüllen.
Seit vergangener Woche, konkret seit dem 4. November 2016 ist es offiziell: Das Pariser Abkommen, viele sagen ein historischer Erfolg in Sachen Klimapolitik, ist in Kraft getreten. Das hat natürlich auch Folgen für Österreich: Hat sich die Alpenrepublik doch – wie die anderen Unterzeichnerstaaten – dazu verpflichtet, die Treibhausgase bis 2030 um 36% zu verringern. Damit das gelingt, wird gerade versucht, eine integrierte Energie-und Klimastrategie für Österreich zu erarbeiten.
Zunächst wurde deshalb im Auftrag dreier Bundesministerien (Umwelt, Verkehr, Soziales) das sogenannte Grünbuch für eine integrierte Energie- und Klimastrategie erstellt und im Juli 2016 veröffentlicht. Noch im selben Monat wurde eine öffentliche Diskussion über das Dokument in Form einer Online-Konsultation gestartet. 398 Personen und Organisationen haben sich mit 9.576 Antworten an ihr beteiligt: Darunter waren Experten und Expertinnen, aber auch interessierte Laien. Diese Antworten werden derzeit von convelop, cooperative knowledge design gmbh, einem privaten Consulting-Unternehmen, ausgewertet. Zusätzlich arbeiten sechs Gruppen bestehend aus Experten und Expertinnen arbeiten an der Entwicklung eines gemeinsamen Berichts, der Ende des Jahres veröffentlicht werden soll.
Mitte Oktober wurden aber bereits erste Ergebnisse der Online-Konsultation auf einer Informationsveranstaltung in Linz präsentiert. Dabei kristallisierten sich drei fundamentale Diskussionsstränge heraus, die nun in Zukunft Beachtung finden sollen, so convelop.
Zum Ersten wurden im Sinne des Zielquartetts Wettbewerbsfähigkeit, Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Leistbarkeit als abgestimmte, transparente Ziele für Österreich genannt. Im Besonderen wurde von den Teilnehmenden auf die Beschlüsse der UN-Klimakonferenz von Paris 2015 hingewiesen.
Außerdem seien laut den Beteiligten die Rahmenbedingungen, die die formulierten Ziele unterstützen, sehr wichtig. Viele Teilnehmende waren der Ansicht, die neue Energie- und Klimastrategie solle sich an der Ausweitung nachhaltiger Technologien, Energieeffizienz und erneuerbarer Energien orientieren. „Was wir heute erleben, ist der Anfang vom Ende des fossilen Zeitalters“, sagt Wolfgang Anzengruber, Präsident von “Österreichs Energie” in einer Aussendung.
Zudem wurden – drittens – mögliche Lösungsansätze vorgeschlagen. Hohe Erwartungen wurden dabei an alternative Antriebe und erneuerbare Energien gestellt.
Die Beiträge des gesamten Konsultationsprozesses (Online-Konsultation und Arbeitsgruppen) dienen als Input für das Weißbuch. Das Weißbuch kann als Nachfolgedokument des Grünbuches verstanden werden, welches die vollständige österreichische Rahmenstrategie zu Klima und Energie enthalten soll.
Kritik am Konsultationsprozess: „Zu konventionell?“
Doch es gibt auch kritische Stimmen: Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) und das Wegener Center der Universität Graz kamen in einem aktuellen „Policy Brief“ zu dem Schluss, dass eine radikale Veränderung im Umgang mit Energie in den nächsten Jahren nötig wäre und die neue integrierte Energie- und Klimastrategie für Österreich auf einem „konventionellen Verständnis des Energiesystems“ aufbaue. Dies behindere das ausreichende Verständnis der kommenden Umwälzungen im Umgang mit Energie. „Unser derzeitiger Zugang zum Energiesystem eignet sich vor diesem Hintergrund nicht, um eine konstruktive und langfristig tragfähige Perspektive zu entwickeln“, sagt WIFO-Expertin Angela Köppl. „Österreich fokussiert zu stark auf die Frage nach der Bereitstellung von Energie. Und vergisst dabei, sich damit zu beschäftigen, welchen Nutzen Energie künftig stiften muss. Das ist aber die eigentlich relevante Frage.“
Kritik am Prozess kommt auch von österreichischen Umwelt-NGOs, die das Verfahren als zu langwierig und zu wenig zielorientiert beschreiben. So kritisierte etwa Greenpeace-Klima-Sprecher Adam Pawloff den Prozess im Interview mit klimareporter.in: „ Die Emissionen sind im Jahr 2015 geschätzt vom Umweltbundesamt zirka auf demselben Niveau wie 1990. Es gab also de facto keine Klimaschutzmaßnahmen.“