Die Erde, weiß abgebildet vor himmelblauem Hintergrund, wird von zwei Olivenzweigen umrahmt. Die Flagge der Vereinten Nationen (UN) hat für mich seit vielen Jahren eine besondere Strahlkraft ausgeübt. Sie steht für andere Kulturen, Internationalität, wichtige Entscheidungen, und eine bessere Welt. Jetzt nehme ich an meiner ersten großen UN-Konferenz, der UNFCCC COP25 aka Weltklimakonferenz, in Madrid teil.
Text von Ansgar Fellendorf
Bilder von (c)IISD/ENB
Ein Bild der Weltklimakonferenz in Madrid, das dem Konferenzgeschehen am nähesten ist. Wissenschaftler*innen, Beobachter*innen, Delegierte, Vertreter*innen verschiedener Interessensgruppen und andere verfolgen die Verhandlungen, sitzen am Boden und schauen auf Bildschirme. Sie organisieren Meetings, kommunizieren Ergebnisse über ihre Kanäle, recherchieren oder lesen einfach ein Buch. Es finden viele Verhandlungen, Pressekonferenzen und Side-Events parallel statt. Bei den “wichtigen” Events wie Panel-Diskussionen mit dem UN Generalsekretär oder Verhandlungen zum Artikel 6 reichen die Sessel oft nicht aus und man arbeitet am Boden. Bei rund 30.000 Konferenzteilnehmenden sind oft auch nicht genügend Arbeitsplätze vorhanden.
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimakrise sind klar: Die globale Erwärmung und damit verbundene Konsequenzen wie das Verschwinden von Eis, Anstieg vom Meeresspiegel und vermehrte Dürre- und Hitzeperioden nehmen schneller und drastischer zu als bisher angenommen. Der IPCC hat den Stand der Wissenschaft zu den Auswirkungen der Klimakrise auf u.a. die Ozeane, Gletscher und die Landwirtschaft präsentiert.
Auch die Jugend spielt eine wichtige Rolle bei der UN-Klimakonferenz. Junge Menschen von jedem Kontinent sind angereist, um die Entscheidungsträger*innen daran zu erinnern, folgenden Generationen eine intakte Atmosphäre und Ökosysteme zu übergeben. Zuzanna aus Polen berichtete z.B. wie sie in Katowice eine Klimajugendgruppe gegründet hat, Irfan erzählte vom Fridays for Future Einfluss in Pakistan und Muk sprach davon, dass die Klimakrise seine indigenen Traditionen in der Arktis gefährdet. Die Teilnahme von Greta Thunberg und vielen Jugendlichen wird von den UN- und politischen Vertreter*innen immer wieder begrüßt mit Worten wie “Ihr gebt uns Hoffnung in die Zukunft” und “Es ist wichtig, dass ihr für Eure Zukunft kämpft.”
Zur Eröffnung der COP25 reisten über 30 Staats- und Regierungschefs an. Fast alle bekräftigten, dass die Zeit zu handeln jetzt ist. Österreichs Bundespräsident zeigte, dass es auch in Zukunft einen Lebensraum für Eisbären geben soll. Politische Führer*innen aus Entwicklungsländern wie Costa Rica, Bangladesch und Pazifikinselstaaten weisen wiederholt darauf hin, dass sie am meisten unter den Folgen der Klimakrise leiden, ohne dafür verantwortlich zu sein.
In den vielen Verhandlungsräumen werden Themen wie “Loss&Damage”, “Technology Transfer” und “Article 6” diskutiert. Bei letzterem geht es um Marktmechanismen, CO2-Zertifikate und die Spielregeln für den Emissionshandel. Es befinden sich teilweise über 500 Personen im Raum, die in teils sehr technischen Statements versuchen, Kompromisse einzugehen. Nationale Interessen sind z.B.
- Brasilien will Emissionseinsparungen sowohl zu seinen eigenen Klimaschutzzielen zählen, als auch die Zertifikate verkaufen.
- Die EU und andere Industriestaaten möchten, dass alte Zertifikate “gelöscht” werden und keine zusätzlichen Kosten für Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern anfallen.
- Kleine Inselstaaten fordern, dass mit Emissionshandel die Gesamtemissionen deutlich verringert werden.
Obwohl laut dem Verhandlungsvorsitz bereits 75.000 Arbeitstage in die Ausformulierungen zu dem Artikel gesteckt wurden, scheint eine Einigung angesichts der Komplexität von Accounting, Registrierung, Abwicklung und Methoden schwierig.
Indigene Völker und NGOs protestieren gegen Marktmechanismen und CO2 Ausgleichszahlungen. Sie befürchten, dass die Verhandlungen zu schlechten Kompromissen führen. In der Vergangenheit haben “Klimaschutzprojekte” z.B. zur Absiedlung von indigenen Völkern für riesige Wasserkraftwerke geführt. Außerdem ist es sehr schwierig festzustellen, dass Maßnahmen wie Aufforstungen und Energieeinsparungen nicht ohnehin stattgefunden hätten. Unter dem Kyoto Protokoll Emissionshandelmechanismus sind die globalen Emissionen stetig angestiegen.
Die Klimakrise erfährt gegenwärtig viel mediale Aufmerksamkeit. Als Greta Thunberg nach ihrem Segeltörn über den Atlantik auf dem Messegelände in Madrid ankam, formte sich gleich ein hektischer Pulk aus Kameramännern und – frauen und Medienschaffenden. Bei anderen Präsentationen wie dem IPCC Bericht oder den Geschichten von Indigenen ist das Interesse geringer.
Die Verhandlungen dauern zwei Wochen und finden informell auch am Wochenende statt. Die Ergebnisse stellen einen Kompromiss dar. Zugeständnisse und Reformwillen der Staaten sind zu gering, um das 1.5 – 2°C Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen.
Es ist wichtig, dass international der Druck für nachhaltige Veränderungen aufrecht bleibt. Die Entscheidungen, die jetzt getroffen werden, bestimmen die Welt, in der jetzige und zukünftige Generationen leben werden. Die UN Klimakonferenz bietet einen möglichen Rahmen, darüber zu diskutieren.
Ansgar Fellendorf ist als Senior Youth Delegate mit CliMates Austria bei der COP25. Er interessiert sich besonders für die Folgen der Klimakrise auf Menschen und Ökosysteme und wie die Politik reagieren kann.