Heutzutage sammelt kaum noch jemand DVDs – warum auch? Über Streaming-Dienste und das Internet Filme zu schauen ist viel bequemer und auf den ersten Blick umweltfreundlicher: keine Produktion der DVD, keine langen Transportwege, keine Verpackung. Doch ganz so einfach ist es mit der Ökobilanz leider nicht. Wie setzt sich diese zusammen? Sind DVDs wirklich umweltfreundlicher als Streamen? Und was kann man als Einzelperson verändern?
Ein enormer Datenverbrauch
Das Problematische am Filme-Streamen ist vor allem der Datenverbrauch. Um dem enormen Bedarf nachzukommen, verfügen Streaming-Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime über riesige Serverfarmen. Dort stehen dicht an dicht ein Rechner neben dem nächsten. Sie verbrauchen nicht nur große Mengen an Strom, sondern müssen darüber hinaus auch noch gekühlt werden, was beides Treibhausgasemissionen verursacht.
Eine aktuelle Studie des französischen Think Tanks “The Shift Projects” beziffert den Anteil von Informations- und Kommunikationstechnologien am globalen CO2-Ausstoß mit 3,7 Prozent. Das klingt zunächst nicht viel, ist aber enorm, wenn man bedenkt, dass die zivile Luftfahrt im Vergleich 2% ausmacht. Die Tendenz ist außerdem stark steigend: in 2002 lag der globale Datendurchsatz des Internets bei 100 Gigabyte pro Sekunde, in 2021 wird er schon bei 106.000 Gigabyte pro Sekunde liegen, so der Techniksoziologe Felix Sühlmann-Faul. Auch die Treibhausgasemissionen werden steigen und in 2025 erwartungsgemäß bei 8% liegen, vorausgesetzt, es werden weiterhin Daten konsumiert wie heute. Ein Anteil von 8% an den globalen Treibhausgasemissionen würde bedeuten, dass Informations- und Kommunikationstechnologien bereits in fünf Jahren so viel CO2-Ausstoß verursachen würden, wie alle PKWs und Motorräder weltweit gerade.
Anders als beim Individualverkehr fehlt hier allerdings das Bewusstsein dafür. „Jeden Tag werden umgerechnet einhunderttausend Jahre Youtube geschaut“, sagt Sühlmann-Faul. Er sieht es als wichtig an, dass wir unseren Internetkonsum zunehmend kritisch hinterfragen und die Politik entsprechendes Bewusstsein und Rahmenbedingungen schafft.
Sind DVDs die nachhaltigere Alternative?
Die Antwort darauf ist wie so oft – es kommt darauf an. Laut einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahr 2014 verbrauchen sowohl Streaming als auch eine per Post gelieferte DVD rund 400 Gramm CO2 je Filmstunde. Eingerechnet wurde der Energieverbrauch der Geräte, die aufgewendete Energie für den Transport der Filme oder Fahrten beim Einkauf einer DVD. Würde man nämlich mit dem Auto in ein Geschäft fahren, um dort die DVD zu kaufen, läge der Wert schon bei 600 Gramm CO2 je Filmstunde. Dass die meisten DVDs uns per Schiff erreichen, fällt überraschenderweise gar nicht so stark ins Gewicht, wie die Effizienz unserer eigenen Geräte. Es lohnt sich folglich sehr, bei dem Kauf eines Fernsehers oder DVD-Players auf dessen Energieeffizienz zu achten und die elektrische Geräte auszuschalten, anstatt sie auf Standby zu lassen.
Und was bedeutet das für einen selbst?
Ist es nun egal, ob ich streame oder DVDs schaue? Die Antwort hier ist eindeutig Nein. Was die oben genannten Zahlen nämlich nicht widerspiegeln, ist, dass eine DVD, einmal produziert, gekauft und zugestellt, praktisch unbegrenzt oft angeschaut werden kann. Mit wiederholter Nutzung der DVD, ähnlich wie bei einer wiederverwendbaren Stofftasche als Einkaufssackerl, schneidet die Ökobilanz besser ab. Natürlich gibt es ein gewisses Limit, wie oft man denselben Film innerhalb kürzester Zeit anschauen will, aber das spricht umso mehr dafür, die DVD nach Verwendung an andere zu verschenken oder herzuborgen. Die meisten von uns haben wahrscheinlich noch irgendwo eine nicht zu vernachlässigende Sammlung an alten DVDs – die könnten eine gute Ausgangsbasis sein für eine DVD-Tauschparty im Freundeskreis oder auch einfach als Gast- oder Geburtstagsgeschenk für die nächste Party.
Und wenn ich wirklich keine DVD Zuhause habe und Streamen sich nicht vermeiden lässt? Utopia.de hat einige Tipps gesammelt, die helfen, den eigenen Energieverbrauch beim Streamen zu reduzieren:
- Streame wenig und sei dabei wählerisch: Wenn ein Film oder Serie dir nicht gefällt, schalte ab.
- Qualität reduzieren: Die meisten Videos oder Filme kann man auch in normaler Standardauflösung anstatt HD gut genießen.
- Kleinere Bildschirme nutzen: Wenn du die Wahl hast, weniger ist mehr.
- Achtsam bleiben: Vermeide es, wenn du einen Film schaust, auch noch gleichzeitig am Handy zu hängen oder zu surfen. Konzentriere dich lieber auf eine Sache und verbrauche dabei keine zusätzlichen Daten.
- Digital Detox: Vielleicht ist es manchmal einfach schon zu sehr Gewohnheit, am Abend Netflix zu öffnen, anstatt eines der Bücher zu lesen, die sich auf deinem Nachttisch stapeln oder die dir gerade jemand geborgt hat.
Wie sieht die Zukunft des Filmschauens aus?
2004 gab es noch eine Studie, die feststellte, dass es umweltfreundlicher wäre, eine DVD in der nächstgelegenen Videothek auszuborgen als denselben Film über das Internet zu streamen, vorausgesetzt, der Weg zur Videothek wird zu Fuß, mit dem Rad oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt. Heute, in 2020, gehören Videotheken schon der Vergangenheit an. Tatsächlich könnten sie aber ein wichtiger Schritt in eine nachhaltige, grüne Zukunft sein – weg vom Individuellen und hin zur Gemeinschaft. Filme und Serien können geteilt werden, als DVDs in Videotheken oder auch im Kino, wo mehrere sie auf großer Leinwand gemeinsam anschauen. Tatsächlich gibt es in ganz Österreich mehrere alte Kinos, die aufgrund von Streaming-Diensten und des Internets um ihr Überleben kämpfen. Das Gartenbaukino am Ring in Wien verfügt über 736 Plätze. Ist der Saal voll besetzt, verringert sich die Umweltbelastung pro Person erheblich.
Keine Filme oder Serien zu schauen ist für viele keine Option und das ist verständlich. Jedoch sollten wir uns unserer Verantwortung als Konsumentinnen und Konsumenten bewusst werden. Was, wie und vor allem wo wir konsumieren, spielt eine große Rolle und hat erhebliche Auswirkungen auf unser Klima. Darin liegt eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Wir können die Art, mit der wir Filme und Serien schauen ändern – achtsam, bewusst und gemeinsam.
Wer auf das Streamen nicht verzichten mag, kann das auf Kino Vod Club machen, anstatt große Streaming-Konzerne zu unterstützen. Der Kino Vod Club bietet eine Reihe von österreichischen Filme an, ohne Abonnement oder Bindung. Ein Drittel des Erlöses geht an die Filmschaffenden, ein weiteres Drittel an ein Kino, das man selbst auswählen kann.