Das österreichische Superwahljahr erreicht mit den Nationalratswahlen am 29. September seinen Höhepunkt. Das kommende Wahl-Ergebnis bestimmt unter anderem die Zukunft der österreichischen Klimapolitik. Wir haben uns angeschaut, was die Parteien zum Klimaschutz zu sagen haben.
Vor allem die jüngsten Jahrhundert-Hochwasser in Österreich zeigen, dass der Klimawandel real ist. Es entstanden Hochwasserschäden in Millionenhöhe, die neue Weststrecke ist die kommenden Monate unbefahrbar und fünf Menschen starben. Wissenschaftler*innen sagen, dass der fortschreitende Klimawandel solche Extremwetterereignisse verstärkt.
Trotzdem tut die FPÖ die vielen Katastrophen-Szenarien als Ideologie ab. Die Liste Madeleine Petrovic (LMP) ist der Meinung, dass die Klimakrise „einseitig und unsachgemäß“ betrachtet wird. In dem Programm der Partei ist auch nicht von Klima-, sondern eher von Umwelt- und Naturschutz die Rede. Auch die Bierpartei spricht von Umweltschutz. Die Keine Partei (ein Ableger der Partei Wandel) widmet dem Klima einen Absatz in ihrem Programm: „Die Politik hat schon viel zu viel Zeit verspielt, weswegen wir nun viel rascher und grundlegender reagieren müssen.“
Die KPÖ betrachtet den Kapitalismus als Katalysator für die Klimakrise. Und für die Grünen ist der Klimaschutz das programmatische Aushängeschild. Die Liste Gaza sieht sich als „Stimme gegen den Völkermord in Gaza“. Da sie die Klimakrise nicht thematisiert, wird sie kein Teil der folgenden Übersicht.
Auch diesmal haben wir uns für die fünf Bereiche aus dem Text zur EU-Wahl 2024 entschieden: Energie, Mobilität, Technologie, Wirtschaft und Biodiversität
Energie: Woher kommt der grüne Strom?
Für neun Parteien ist klar: Der Umstieg auf erneuerbare Energie muss passieren. Die LMP äußert sich nicht dazu. Viele Parteien wollen nicht mehr von fossilen Energieträgern aus anderen Staaten abhängig sein. Die NEOS und die ÖVP nennen als Grund vor allem die Unabhängigkeit von russischem Gas. Die FPÖ nutzt das Argument der (Un-)Abhängigkeit ebenso. Jedoch ist sie der Meinung, dass Russland weiterhin Versorgungssicherheit gewährleisten wird.
Die KPÖ möchte, dass „die Produktion und Verteilung von Energie“ in gesellschaftliche statt private Hand kommt. Die Partei schlägt vor, dass der Bund jährlich mindestens eine Milliarde Euro für Gemeinden bereitstellt. Mit dem Geld sollen diese lokal und kommunal erneuerbare Energieträger ausbauen.
Mobilität – Wie bewegen wir uns in Zukunft von A nach B?
Bis auf die LMP ist der Ausbau des öffentlichen Verkehrs in allen Programmen ein Klimathema. Die Keine Partei fordert zusätzlich ein Privatjet-Verbot. Die ÖVP ist für “Mobilitätswahlfreiheit”. Somit soll Autoverkehr weiterhin bestehen bleiben. Auch die FPÖ verteidigt ihn. Der Partei zufolge seien Menschen am Land auf das Auto angewiesen, die Nutzung von öffentlichem Verkehr daher nur als Angebot zu sehen.
Die MFG sieht E-Mobilität als eine “sinnvolle Ergänzung”. Trotzdem ist der Partei wichtig, dass so wenige Autos wie möglich genutzt werden.
Die NEOS und die Bierpartei wollen Park&Ride’s weiterentwickeln und Ideen für die “letzte Meile” ausbauen. Unter der letzten Meile versteht man den Weg zwischen der Haustür und den nächstgelegenen öffentlichen Transportangeboten. Nutzen viele Pendler*innen das Auto, hat das Einfluss auf innerstädtischen Verkehr.
Die SPÖ, die Grünen und die KPÖ wollen den öffentlichen Verkehr priorisieren. Ziel der SPÖ sei die Unabhängigkeit aller Österreicher*innen vom Individualverkehr. Die Grünen wünschen sich ein modernes, barrierefreies und umweltfreundliches Öffi-Netzwerk. Die KPÖ fordert leistbaren öffentlichen Verkehr für alle.
Technologie – Die beste Klima-Lösung?
Sei es der Ausbau von erneuerbaren Energien oder die Nutzung von Carbon Capture and Storage (CCS). Manche Parteien sehen in Technologien wie diesen eine große Chance in der Klimakrise.
Die ÖVP möchte verschiedene Arten der “Zukunftstechnologien” nutzen. Sei es die weitere Forschung an Wasserstoff oder die Speicherung von CO2 im Boden. Wichtig hier: Immer Vorreiter in Forschung und Umsetzung zu sein. Auch die FPÖ ist technologieoffen. Sie meint damit aber nicht nur grüne Technologien. Unterstützt werden auch Verbrenner.
Auch die NEOS betrachtet CCS als eine wichtige Technologie. Die MFG schreibt in ihrem Programm, dass man auch darauf achten muss, welche Umweltschäden durch neue Technologien verursacht werden könnten. Dafür meint sie zum Beispiel die Herstellung von Batterien für Elektroautos. Die Bierpartei möchte „Menschen und Unternehmen beim Umstieg auf klimafreundliche Alternativen unterstützen.“
Die Grünen, die MFG und die KPÖ sehen in den neuen grünen Technologien neue Ausbildungs- und Jobchancen. Laut KPÖ sollte in dieser Hinsicht auch das Bildungssystem ausgebaut werden.
Wirtschaft – Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s dem Klima gut?
Manche Parteien wollen, dass sich der Klimaschutz an die Wirtschaft anpasst. Andere fordern, dass der wirtschaftliche Wandel mit sozialer Transformation einhergeht.
Die ÖVP setzt auf Klimaschutz „mit Hausverstand“. Die LMP sieht Wirtschaft als einen Schlüssel für Natur- und Umweltschutz. Die Partei möchte in diesem Bereich einen Diskurs führen, der Pro- und Contra Argumente einer nachhaltigen, ökologischen und sozialen Wirtschaft mitdenkt. Gleichzeitig möchte sie darin ohne “Katastrophismen” auskommen. Die FPÖ möchte das Klimaneutralitäts-Ziel den Interessen von Arbeit, Wirtschaft und Forschung unterordnen.
Die SPÖ möchte eine wirtschaftliche Wende, in der das Klima mitgedacht wird. Die NEOS und die Bierpartei wünschen sich, dass sich Österreich als nachhaltiger Wirtschaftsstandort etabliert. Die Grünen wünschen sich eine Wirtschaft ohne Treibhausgase.
Die KPÖ erachtet einen radikalen Umbau als notwendig. Der wirtschaftliche Wandel solle sich statt an Profit, an den Bedürfnissen der Menschen orientieren.
Biodiversität – Klima- und Naturschutz gehen Hand in Hand
Österreich ist mit 68.000 Tier- und Pflanzenarten eines der artenreichsten Länder. Trotzdem gibt es viele bedrohte Arten in Österreich. Der Eingriff des Menschen in die Natur ist verantwortlich für schwindende Biodiversität.
Um dagegen vorzugehen, möchte die SPÖ ein Biodiversitäts-Budget etablieren. Die Grünen widmen der Biodiversität ein eigenes Unterkapitel in ihrem Programm. Und auch bei der LMP ist der Schutz von Artenvielfalt ein eigenes Thema, nennt aber nicht den Begriff Biodiversität.
Alle Parteien benennen die österreichische Bodenversiegelungs-Praxis als Problem in der Klimakrise. Sie zerstört den Lebensraum von vielen Arten. In Österreich werden täglich circa 13 Hektar verbaut. Das entspricht einer Fläche von rund 20 Fußballfeldern. Die FPÖ sieht “illegale Zuwanderung” als Ursache für die massive Bodenversiegelung in Österreich an. “Die berechtigte Klage über massive Bodenversiegelung ist zugleich eine Klage über immer mehr Menschen im Land, die mehr Wohnraum, breitere Straßen und zusätzliche Gebäude für Einrichtungen aller Art (…) benötigen”, schreibt die Partei.
Ein letzter Exkurs: 1366 Tage ohne wirksames Klimaschutzgesetz
Seit 01.01.2021 gibt es in Österreich kein wirksames Klimaschutzgesetz mehr. Grundsätzlich gibt es dieses seit 2011.
Die SPÖ ist eine der beiden Parteien, die ein wirksames Klimaschutzgesetz fordert. Dieses solle bis 2040 Klimaneutralität garantieren und “sozial gerecht gestaltet” sein.
Die Grünen wünschen sich ein “Grundrecht auf Klimaschutz” in der Verfassung. Ein verbindliches nationales Gesetz nennen die Grünen “Klimarahmengesetz”. Dieses hätte grundsätzlich die gleiche Funktion wie ein Klimaschutzgesetz.
In welche Richtung sich die Klimapolitik letztlich entwickeln wird, zeigt sich nach den Wahlen. Auch wir Bürger*innen können mitbestimmen, wie diese aussehen soll. Daher: Am 29. September unbedingt wählen gehen!