Wenn Streuobstwiesen und alte Obstsorten verschwinden, ist das mehr als eine bloße Unannehmlichkeit: Mit der Artenvielfalt gehen kulturgeschichtliches Erbe und die intakte Natur zugrunde.
Während meiner zwölf Schuljahre führte mein Schulweg an einer Apfelallee vorbei. Drei der Bäume davon waren besonders: denn sie trugen die besten Äpfel überhaupt. Zu Schulbeginn im September waren die Früchte reif, und ich stibitzte den obligatorischen Apfel pro Tag. Für mich steht seither fest: erbeutete Äpfel schmecken besser.
Die traurige Nachricht: Schon im letzten Schuljahr starb einer der besonderen Bäume, und so waren es nur noch zwei ihrer Art. Bei einem Spaziergang zweieinhalb Jahre später musste ich feststellen, dass ein weiterer abgestorben war. Und mit ihm die meisten an der kleinen Straße zu uns nach Hause. Nur noch zwei Bäume waren übrig. Schade.
Die Ursache des Baumsterbens bei mir daheim liegt wohl daran, dass das Bauernpärchen alt wird und vermutlich kaum einen Mehrwert in neuen Bäumchen sieht. Kann ich ihnen nicht vorwerfen. Das ganze hat jedoch eine größere Dimension: Fakt ist, dass Streuobstwiesen mit alten Birnen- und Apfelsorten, eine sehr wirksame Naturschutzmaßnahme sind.
Am selben Schulweg sind wir immer über einen Pfad spaziert, der durch eine noch intakte Wiese führte. Dort fiel mir neulich ein alter Baum auf, dessen Höhle Hornissen friedlich besiedelt hatten. Meine Professorin an der BOKU, Ulrike Pröbstl-Haider, hat also die Wahrheit erzählt: Streuobstwiesen bieten einen wertvollen Lebensraum für viele Arten.
Als mir also aufgefallen ist, wie schön diese Art von Landschaftspflege doch ist, wurde ich gleichzeitig traurig beim Gedanken, dass dieses Bild in Zukunft verloren gehen kann. Sei es, weil niemand neue Bäumchen pflanzt oder aber, weil es einfach zu warm werden könnte und sich die Apfelbäume am Ende bei uns gar nicht mehr heimisch fühlen. Und was gibt es österreichischeres als einen köstlichen Kronprinz-Rudolf Apfel?
Bei einer Einführung in das Klimageschehen hat Professor Herbert Formayer, Spezialist für Metrologie, eine Aussage getätigt, die mich nicht mehr losgelassen hat: Wenn wir unsere Lebensweise nicht ändern und sich die Temperatur im Mittel um 6,5 Grad erhöht, verschiebt sich das Klima um 1.000 Meter nach oben. Die Apfelbäume werden dann ziemlich ins Schwitzen geraten und lieber am Schöckl (Hausberg von Graz) wachsen – aber da ist nun wirklich nicht genug Platz für sie.
Was aber unternehmen, um Streuobstwiesen zu erhalten um Biodiversität zu Fördern und gegen den Klimawandel anzukämpfen? Zum Thema gibt es im Internet sehr viele Quellen zu finden. Zum Beispiel ein Projekt für mehr Obstbäume in der Stadt oder in der Umgebung von Apfelbäumen etwas Neues lernen. Auch auf der Website von Naturschutzbund Deutschland gibt es Informationen zu Theorie und Praxis.
Meine Lektion aus der sterbenden Apfelbaumallee: Statt mit dem Auto zu fahren, versuche mehr spazieren zu gehen, um „sauber“ von A nach B zu kommen. (Außerdem ist das gesund, sagt man mir.) Leider habe ich selbst ja noch keinen Garten. Vielleicht schenke ich aber meiner Mama einen Apfelbaum zu Ostern. Dann kann ich ihn zumindest in den Ferien besuchen kommen.
Vielleicht ist ja einer von euch auf den Geschmack gekommen und versucht in Zukunft auch auf die eine oder andere Art unser Klima in Schuss zu halten. Vielleicht gilt dann auch für unsere Umwelt: An apple a day keeps the doctor away.