Dass viel Autofahren und Fliegen sich mit einer nachhaltigen Lebensweise nicht vereinen lassen, ist mittlerweile fast allen bekannt. Auch achten immer mehr Leute bei ihrem Lebensmittelkauf auf biologische und lokale Produkte. Allerdings gibt es eine Branche, die von diesem steigenden Bewusstsein weitgehend unberührt bleibt ̶ die sogenannte „Fast Fashion“ Modeindustrie.
„Fast Fashion“ wird sie genannt, weil die Kollektionen der neuen Kleidungsstücke sich längst nicht mehr auf vier Saisonen pro Jahr beschränken. In Geschäften wie Zara werden wöchentlich neue Produkte angeboten und verkauft. Hierunter leidet nicht nur die Qualität. Die hohe Produktionsrate geht außerdem mit einem hohen Ressourcenverbrauch und schlechten Arbeitsbedingungen einher. Ich selbst habe dieses Problem lange „erfolgreich“ verdrängt. Jahrelang hätte ich „Shoppen“ zu einem meiner Hobbys gezählt.
Dieses Hobby ist mir aber vergangen, als ich Andrew Morgan’s „The True Cost“ gesehen habe ̶ ein ausgezeichneter Dokumentarfilm, der die Ausmaße der „Fast Fashion“ Kleiderindustrie sowie die Bedingungen, unter denen diese Mode hergestellt werden, sehr gut einfängt.
Die Modeindustrie ist größer als je zuvor und mit jährlichen Einnahmen einzelner Konzerne im Milliardenbereich handelt es sich um eine jährlich fast drei Billionen-schwere Branche. Der weltweite Modekonsum beläuft sich auf 80 Milliarden neue Kleidungsstücke pro Jahr. Das sind 400 % mehr als noch vor zwei Jahrzehnten. Weltweit gibt es um die 40 Millionen Textilarbeiter und -arbeiterinnen. Sie gehören zu den am schlechtesten bezahlten Arbeitskräften der Welt, wobei ungefähr 85% von ihnen Frauen sind.
Diese Zahlen sind der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt, vor allem darum, weil die Industrie besonderen Wert darauf legt, diese nicht publik zu machen. Trotzdem frage ich mich, warum ich nicht schon früher die Herkunft meiner Kleidung hinterfragte. Wir alle kennen die „Made in Bangladesh“ Schilder, die hinten in unseren Kleidungsstücken eingenäht sind. Wir alle wissen, mehr oder weniger, dass die Bedingungen, unter denen diese Mode hergestellt wird, nicht toll sind. Trotzdem fiel es mir sehr leicht, jahrelang darüber hinwegzusehen.
Als ich ein bisschen in mich ging, stieß ich auf einige Argumente, die ich immer wieder verwendet hatte, um das Thema gedanklich für mich auf die Seite zu schieben und an meinen Konsumgewohnheiten nichts zu ändern.
„Die Zustände in den Kleiderfabriken sind sicher nicht in allen Fabriken so schlimm“
Das war von all meinen Gedanken der, den ich am öftesten verwendet habe, um mich zu rechtfertigen. Leider ist es aber so, dass fair hergestellte Mode die Ausnahme ist. Noch dazu sind viele einzelne Fast-Fashion Marken oft Teil eines riesigen Konzerns. Beispielsweise gehören Zara, Pull & Bear, Massimo Dutti und Bershka alle ein und demselben Hersteller, einem spanischen Textilunternehmen, das drittgrößte weltweit, dessen Namen die meisten vermutlich nicht einmal kennen, nämlich „Inditex“. Ein Konzern wie dieser ist gewinnorientiert und hat daher vorrangig zum Ziel, mehr zu produzieren um mehr zu verkaufen, zu möglichst niedrigen Preisen, damit Kunden umso mehr konsumieren können. Irgendwo müssen die Kosten für ein 5€ T-Shirt allerdings gespart werden und dies geschieht dann zulasten der Qualität und der Arbeitskräfte in ärmeren Ländern.
„Macht ein einzelnes T-Shirt denn wirklich einen Unterschied?“
Es ist natürlich nachvollziehbar, so zu denken und seinen eigenen Einfluss zu unterschätzen. Ist ja auch nicht viel Stoff, so ein einzelnes T-Shirt, oder? Wenn man sich aber die Zahlen des Produktionsaufwandes ansieht, merkt man, dass es sehr wohl einen Unterschied macht, ob ich das eine T-Shirt jetzt kaufe oder nicht. Ein Baumwoll-T-Shirt entspricht nämlich einer Ressourcennutzung von 11kg CO2 sowie einem Wasserbedarf von 2.500 Litern, womit man 15 Badewannen füllen könnte. Das heißt natürlich nicht, dass man gar nichts mehr konsumieren darf. Es heißt, dass man das nächste Mal für sich selbst abwägt, ob das Produkt, das man dabei ist zu kaufen, einem diese Dimensionen an Ressourcenverbrauch wert ist.
„Es gibt keine Alternativen zu den Modegeschäften, die für alle leicht erreichbar sind“
Ich gebe zu, dieser Gedanke hat natürlich auch mit Faulheit zu tun, dass ich mich nie wirklich bemüht habe, diese Alternativen zu finden. In der Tat gibt es nämlich mehrere. Greenpeace beispielsweise hat einen sehr umfangreichen „Fashion Shopping Guide“ herausgegeben, der, aufgeschlüsselt nach österreichischen Bundesländern, einen Überblick zu umweltfreundlichem Kleiderkauf gibt. Es gibt in Österreich mehrere Kleidergeschäfte, die nachhaltige und fair produzierte Mode verkaufen. Ihre Anzahl ist begrenzt, aber es gibt sie und es sind mehr, als man vielleicht vermuten würde. Ihre Preise lassen sich natürlich nicht mit denen von großen Fast-Fashion-Ketten vergleichen, aber wenn man sich überlegt, warum ein T-Shirt bei H&M überhaupt so wenig kosten kann, ist man vielleicht eher bereit, Ressourcen zu sparen und ein fair produziertes statt fünf unter schlechten Bedingungen hergestellte T-Shirts zu kaufen.
„Fair Fashion ist mir zu esoterisch und zu teuer“
Dass Fair Fashion immer einen Esoterik-Hauch mit sich bringt, dachte ich, weil ich mich nicht genug damit befasst hatte. Dem ist nämlich schon lange nicht mehr so. Dass Fair Fashion sehr teuer für mich als Studentin ist, würde ich immer noch nicht abstreiten. Allerdings gibt es Alternativen dazu, Kleidung neu zu kaufen. Gleich angefangen mit Second Hand, wo der Ressourcenverbrauch, über den ich vorher sprach, abgesehen von Transport und Lagerung, gleich null ist. Ich kann gut nachvollziehen, wenn jemand Hemmungen hat, bereits von Fremden getragene Kleidung anzuziehen und sträubte mich deshalb selbst sehr lange dagegen. Eine Freundin sagte daraufhin einmal zu mir, sie verstünde nicht, warum es mich stört ̶ in einem Hotel in gewaschenem Bettzeug zu liegen oder die Handtücher dort zu verwenden, wäre ja auch kein Problem für mich. Diese Aussage regte mich zumindest dazu an, meine Abneigung gegen Second Hand zu überdenken. Weitere Möglichkeiten sind eine Kleidertauschparty im Freundeskreis zu veranstalten, eine öffentliche zu besuchen, die Kleiderkästen der Eltern und Großeltern durchzuschauen sowie sich nach Angeboten wie Kleiderleasing umzusehen. Außerdem kann man auch alte Kleidung mit nicht zu viel Aufwand durch Batiken oder Besticken aufwerten.
„Ich interessiere mich nicht für Mode und kaufe fast nie etwas“
Diesen Gedanken kenne ich nicht unbedingt von mir selbst, sondern von männlichen Freunden und Verwandten. Ich verstehe natürlich, dass es nicht jedem Spaß macht, sich mit seiner Kleidung zu beschäftigen. Umso weniger spaßig scheint dann der Gedanke, sich bemühen zu müssen, Geschäfte zu finden, die faire und nachhaltige Mode verkaufen und gleichzeitig auch noch den eigenen Stil treffen. Es kann ein mühsamer Prozess sein bis man findet, was einem gefällt. Aber genau wie Lebensmittel sind Kleidungsstücke etwas, auf das wir nicht verzichten können. Egal wie selten wir einkaufen gehen und auch wenn es nur einmal in zwei Jahren ist, macht es einen Unterschied, ob ich dann zu einem profitorientierten Textilkonzern gehe, dessen Macht und Wohlstand ich nähre, oder ob ich die Wichtigkeit meiner Konsumentscheidung erkenne und versuche, zu einer faireren und grüneren Welt beizutragen.
Von Globalisierung profitieren leider nicht alle im gleichen Ausmaß. Viele, die zu unserem Leben, wie wir es jetzt haben, beitragen, erhalten nicht, was ihnen zusteht. Für mich brauchte es eine Weile zu erkennen, in welchem Kreislauf ich mit meinem täglichen Konsumverhalten stecke, aber es ist nie zu spät, aus diesem System auszubrechen und jetzt Veränderung zu bewirken. Es wird vielleicht auch nicht alles auf einmal sein können, aber ein Kleiderkauf ist eine gute Möglichkeit um anzufangen.