Filme um jeden Preis

Filme um jeden Preis

Durch CO2-Emissionen, Müll und Ressourcenverbrauch schädigt die Filmindustrie der Umwelt. Doch die Branche steuert dagegen.

Maya Beach auf den Phi-Phi-Inseln in Thailand. Klares, türkis-grünes Wasser. Ein schmaler Streifen Sand, flankiert von gewaltigen Felsen. Ein junger Leonardo DiCaprio lehnt sich zurück und lässt seinen Blick glücklich über das Wasser gleiten. Eine Szene aus dem Abenteuerdrama „The Beach“. Hinter dem jungen Schauspieler spenden Palmen Schatten vor der sengenden Hitze. Ein Szenerie, die nicht schöner sein kann.

Doch eigentlich gehören die Palmen hier nicht hin. Die Filmemacher hatten die einheimische Vegetation entfernt, um Platz für Kokospalmen zu machen. Alles nur, damit die Insel so aussieht, wie es sich Zuschauer*innen in der westlichen Welt vorstellen. Der Film wurde erfolgreich, die Insel zu einem bedeutenden Touristenziel. Doch der Schaden, der dem Strand zugefügt wurde, war nicht mehr rückgängig zu machen.

Szenenwechsel. Ein Zischen am Himmel. Fünf Kampfjets nähern sich dem Zielobjekt. Sie werfen Bomben ab. Flammenwände steigen empor, der schützende Wald wird zur brennenden Hölle. Es ist eine Szene aus dem Vietnamkriegsfilm “Apocalypse Now”. Regisseur Francis Ford Coppola ließ den Palmenwald für diese Szene mit tausenden Litern Benzin anzünden.

Die Liste an Filmen, die die Umwelt schädigten, ließe sich endlos fortführen. Im fünften Teil der „Fluch der Karibik“-Reihe entsorgte die Filmcrew mutmaßlich chemischen Müll, wodurch das lokale Wasser verdorben wurde. Entrüstung bei Umweltschützern verursachte auch der Kinohit „Mad Max: Fury Road“. Der Dreh schädigte die sensiblen Ökosysteme in der Namib-Wüste, darunter Reptilien und seltene Kakteen.

Der Dreh von „Mad Max: Fury Road“ hinterließ Spuren in der Landschaft.
Quelle: Griffith Sciences / Gerald Kolb

Eingriffe in die Umwelt, Schädigung der Natur und jede Menge Müll – alle genannten Beispiele zeigen, dass auch die Filmindustrie die Umwelt belastet. Denn die Produktion von Filmen kostet Energie und Ressourcen. Filmcrews bestehen meist aus einer Vielzahl von Mitarbeiter*innen, die jede Menge Müll hinterlassen – seien es Kaffeebecher, Plastikflaschen oder Essensreste. Requisiten, die aufwändig gebaut wurden, landen nach Produktionen nicht selten auf dem Sperrmüll.

Reisen verursacht am meisten CO2

Vor dem Dreh müssen alle Crew-Mitglieder*innen mit dem Auto, Bus oder Flugzeug anreisen. So verursacht die Filmindustrie enorme CO2-Emissionen, die die Klimakrise befeuern. Laut der British Academy of Film and Television Arts (BAFTA) verursachen vor allem die Reisen am meisten CO2. Dicht gefolgt von der Produktion selbst. Die üblichen Verdächtigen könnte man meinen, doch auch die Post-Produktion, Drehorte und Unterkünfte scheinen in der CO2-Bilanz auf.

Geht es um die Filmbranche und ihren Fußabdruck, fehlen in Österreich vor allem Daten. Zum einen liegt es daran, dass Filmproduktionen unterschiedlich und schwer messbar sind. Zum anderen gab es bisher nur wenige Bemühungen, Zahlen für die Branche zu erheben. Ein Blick ins Ausland zeigt jedoch, wie groß das Problem ist.

Für eine Stunde TV, so schätzt die BAFTA, fallen insgesamt 5,8 Tonnen CO2 an. Die BBC ermittelte in ihrem Jahresbericht 2018 einen Ausstoß von 13,4 Tonnen für eine Stunde Ausstrahlungszeit. Dafür kann eine Person einmal von Wien nach Sydney fliegen – und wieder zurück. Und dann nochmal von Wien nach Madrid und wieder zurück.

Bei einer durchschnittlichen Tatort-Produktion entstehen schon mal zwischen 100 und 140 Tonnen CO2. Knapp 8,4 Millionen Tonnen CO2 produzierte die Filmindustrie in Kalifornien laut der UCLA im Jahr 2006. Sie war damit der größte Luftverschmutzer nach den Ölraffinerien. Hohe Zahlen für eine Branche, die lange Zeit nicht als Industrie wie jede andere gesehen wurde.

Green Producing – eine neue Hoffnung

Dass es so nicht weitergehen kann, erkennen immer mehr Filmschaffende. Viele bemühen sich nun um mehr Nachhaltigkeit an ihren Sets. Grün zu produzieren (Green Producing) ist spätestens durch Fridays for Future ein Kernthema geworden. Es bedeutet, Filme nachhaltig und umweltschonend zu produzieren. Dazu gehört etwa, anfallenden Müll zu vermeiden und CO2-Emissionen zu minimieren. Und die Branche bewegt sich.

Im vergangenen Februar bekannten sich Filmschaffende u.a. von ARD, ZDF, MDR und Deutsche Welle per Unterschrift dazu, Nachhaltigkeit in der Film- und Serienproduktion stärker zu berücksichtigen. Der Entwurf zum neuen deutschen Filmförderungsgesetz lässt erkennen, dass Fördermittel erstmals an ökologische und sozial nachhaltige Maßnahmen gebunden werden sollen. Medienunternehmen wie Sky produzieren ihre Serien und Shows zunehmend grün. In Österreich unterstützt die Lower Austrian Film Commission Firmen mit umfangreichen Infos dabei, ihre Produktionen umzustellen. Seit 2017 gibt es hierzulande auch das Umweltzeichen, mit dem sich grüne Produktionen schmücken können.

Green Producing macht Firmen ein Angebot, das sie nicht ablehnen können: Nachhaltigere Produktionen, Kosteneinsparungen und ein grüner Look – alles in einem. Wie genau Filme grün produziert werden, welche Herausforderungen das für Firmen mit sich bringt und wie es um Green Producing in Österreich steht, erfahrt ihr in unserem nächsten Artikel zum Thema „Green Producing“. Bis dahin gibt es hier einen kleinen Vorgeschmack:

Green Producing am Set von „Amazing Spider-Man 2“