Das aus der Klimakrise bekannte „Gefangenendilemma“ lässt sich gut beim Corona-Virus beobachten. Wie genau und wo die Parallelen liegen sehen wir, wenn wir uns das Problem von Grund auf anschauen. Auch die Maßnahmen gegen den Corona-Virus eröffnen neue Möglichkeiten im Kampf gegen die Klimakrise.
Das Gefangenendilemma („Prisoneers Dilemma“) beschreibt ganz abstrakt zwei Gefangene, die, wenn sie sich gegenseitig nicht verraten, nur wenig verlieren. Wenn beide einknicken und sich verraten, steigen sie beide am schlechtesten aus. Wenn jedoch nur einer den anderen verrät, wird er freigelassen, der andere bekommt jedoch die Höchststrafe. Das heißt, dass beide zusammenhalten und sich gegenseitig vertrauen müssen, um eine objektiv faire Lösung zu erwirken. Das Abweichen eines Protagonisten würde diesem zwar viel bringen, allen anderen jedoch großen Schaden bereiten. Dieses Muster aus der Umweltökonomie kann in diversen Bereichen beobachtet werden. Unter anderem auch in der Klimakrise und bei der Corona Pandemie.
Das Gefangendilemma in der Klimakrise
Die Klimakrise ist aus politikwissenschaftlicher Sicht ein „wicked problem“. Sie ist schwer greifbar, viele Verursacher sind noch nicht genau definiert und Auswirkungen unklar. Zusätzlich müssen wir unser Verhalten ändern, um sie zu lösen und jeder hat schon einmal das bekannte Stammtisch-Argument „einer allein, kann ja nix bewirken“ gehört. Noch kritischer wird es, wenn dann ein Staat – trotz eines gemeinsamen Abkommens – Kohle und Erdöl auf Pump fördert, oder den Flugverkehr subventioniert. Damit sind jegliche Bemühungen anderer Staaten gegenstandslos und der „böse“ Staat generiert hohe Profite. Das gilt nicht nur für Staaten. Denn auch wenn wir alle in Zukunft täglich mit den Öffis oder dem Rad zur Arbeit fahren und der Erdölpreis in den Keller fällt, könnte eine Person diesen Wettbewerbsvorteil ausnützen und unsere Einsparungen zunichte machen.
Ebendies kann auch bei der Corona Pandemie beobachtet werden. Einerseits bei den Hamsterkäufen, wo Menschen um ihre Grundversorgung fürchten, obwohl das einzig rational faire wäre, wie im Alltag einzukaufen. Das geht so lange, bis das Lebensmittelangebot tatsächlich knapp wird. Andererseits auch bei Infektionen selbst. Alle infizierten Menschen müssen zu Hause bleiben, weicht eine Person ab, weil es ihr zu langweilig wird, zerstört sie die gesamte kollektive Leistung.
Lösungsansätze in der Corona-Pandemie
In letzterem hat der Staat zumindest anfangs erfolgreich eingegriffen. Es geht um die öffentliche Sicherheit und das Gemeinwohl – dafür dürfen sogar Freiheitsbeschränkungen, in dem Fall Quarantäne, eingeführt werden. All dies, um Menschen zu schützen, nicht die Kontrolle zu verlieren und eine große Gesundheitskatastrophe zu verhindern.
Die meisten würden sich jetzt fragen, warum das bei der Klimakrise nicht auch geht. Die Klimakrise wird millionen Menschen das Leben kosten und erheblichen Schaden anrichten. Genaue Auswirkungen sind wie beim CoViD19 nicht prognostizierbar. Sie ist jedoch ein globales Problem, das auch nur global gelöst werden kann. Treibhausgase kann man nicht mit Grenz-Schließungen aufhalten. Maßnahmen müssten international getroffen werden, z.B. auf der Klimakonferenz.
Wie schon oben skizziert, spielt sich dieses Gefangenendilemma auch zwischen Staaten ab und es bräuchte, um es zu lösen entweder eine auf Vertrauen basierte Einigung oder eine höhere Gewalt, die Maßnahmen setzen kann. Bei souveränen Staaten ist letzteres leider nicht möglich. Auf nationaler oder EU-Ebene werden langsam Pläne ausgearbeitet z.B. Ölheizungen zu verbieten. Das wäre eine nicht-ökonomische, restriktive Maßnahme, die verhindern soll, dass wenige die Situation ausnützen. Andere Maßnahmen würden oft großen Widerstand bringen und sind politisch schwer umsetzbar – z.B. eine Abschaffung der Pendlerpauschale oder autofreie innere Bezirke.
Weshalb ein Umsetzen dieser Maßnahmen bei der Corona-Krise in wenigen Wochen oder sogar Tagen möglich war und sogar Menschen zu Hause „eingesperrt“ werden konnten, ohne dass sich jemand wehrte, können wir nur vermuten. Jedenfalls sollte die Regierung die Klimakrise mindestens genauso ernst nehmen wie den Corona-Virus, weil sie wahrscheinlich mehr Menschenleben kosten wird. Außerdem werden in Zukunft ältere Menschen sich mit uns jungen solidarisieren müssen und auf den ein oder anderen Komfort verzichten, so wie das junge Menschen gerade für sie machen. Aber das ist ein anderes Thema.
bei Fragen oder Anregungen: a.ferraris@climatesaustria.org
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