Menschen, die auf pazifischen Inseln zu Hause sind, sind existentiell vom Klimawandel bedroht. Ihre Schicksale und wie sie damit umgehen.
Sie tragen Flipflops und Blumen im Haar, gehen barfuß, bleiben gelassen: Die Menschen von pazifischen Inseln wie Fidschi, denen man hier auf der COP23, der 23. Weltklimakonferenz, begegnet, strahlen eine ungewöhnliche Ruhe aus. Und doch sind es genau diese Menschen, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind. Mit eigenen Augen nehmen sie wahr, wie ihr Lebensraum von Naturkatastrophen bedroht wird und sie Gefahr laufen, Heimat und ihre Familien zu verlieren. Wie gehen sie mit der drohenden Katastrophe um?
“Wir schwitzen und weinen Salzwasser, damit wir uns sicher sein können, dass der Ozean durch unsere Adern fließt”, sagt Elisabeth Holland. Die zarte Stimme der Professorin für Klimawandel scheint den Raum anzuzünden. Holland ist eine große, dünne Frau mit langem, grauem Haar. Sie trägt eine Blume im Haar, ein hellblaues Kleid. Seit vielen Jahren lebt und arbeitet sie auf pazifischen Inseln. Dort leitet sie das Pacific Center for Environment and Sustainable Development und unterrichtet an der University of South in Suva. Sie ist also täglich mit der Realität konfrontiert, dass es viele Lebensräume, die heute sehr wichtig für die Menschen sind, vielleicht bald verschwunden sein werden.
Die Friedensnobelpreisträgerin erzählt wie sie und Menschen, die aus pazifischen Inselstaaten kommen, am Protest gegen den Braunkohleabbau Deutschlands teilnahmen. Nur 50 km von Bonn und damit der COP23 entfernt, setzt Deutschland den Braunkohleabbau fort. Das kritisieren viele KlimaaktivistInnen, die auf einen Umstieg auf erneuerbare Energien pochen. Die Aktion am 4.11.2017 ist für Holland ein Statement gegen die Ausbeutung der Erde. Sie und die Menschen aus Fidschi, die sie begleitet hatten, wollen ein Zeichen gegen fossile Energie setzen und für ihre Heimat einstehen. “We are not drowning, we are fighting”, ist das Motto der Pacific Climate Warriors, einer Gruppe junger Menschen, die in 15 pazifischen Nationen aktiv ist, um junge Menschen im Kampf gegen den Klimawandel zu inspirieren. Einige von ihnen sind auch auf die COP gekommen. Gespannt warten sie auf den Ausgang der Verhandlungen.
Besonders das Thema “loss and damage”, also “Verluste und Schäden”, das hier auf der COP verhandelt wird, ist wichtig für die pazifischen Inselstaaten: Bei diesem Thema geht es darum, wieviel Finanzierung vom Klimawandel betroffene Entwicklungsländer von Industriestaaten bekommen. Dieses Geld soll dazu dienen mit den Naturkatastrophen und möglichen Umsiedlungen umzugehen, denen sie aufgrund des Klimawandels ausgesetzt sind. Welche Katastrophen und Phänomene jedoch tatsächlich vom Klimawandel ausgelöst werden und wer dafür finanziell aufkommen soll, ist ein viel diskutiertes Thema auf der COP23. Deshalb ist noch nicht klar, wie viel Finanzierung vom Klimawandel betroffene Entwicklungsländer erhalten werden.
“Egal was die Welt jetzt tut, selbst wenn alle Emissionen plötzlich verschwinden, mein Land wird in einigen Jahren unter Wasser sein”, sagt Anota Tong, ehemaliger Präsident des Inselstaates Kiribati. Der ganze Raum scheint mit ihm ein und auszuatmen. Für ihn und die BewohnerInnen von Kiribati kommen die meisten Maßnahmen zu spät. Neben dem steigenden Meeresspiegel, der durch die schmelzenden Polkappen zu immer weniger bewohnbarer Fläche auf dem Inselstaat führt, wird Kiribati auch vermehrt von Naturkatastrophen bedroht. Auch die werden durch den Klimawandel häufiger und intensiver. So blicken die BewohnerInnen vieler Inseln einer ungewissen Zukunft entgegen. Doch Tong wirkt ruhig und gut gelaunt, keine Spur von Verbitterung, keine Spur von Wut.
Tong betont, er sei nicht als Politiker auf die COP23 gekommen, sondern als Mensch, als Großvater. “Ich möchte ein Paket, eine Lösung, etwas mit dem ich zurück nach Hause gehen kann und sagen kann, hier, mein Enkel, das ist die Lösung, für dich”, sagt er. Aber so eine Lösung gibt es nicht, gibt es nur, wenn sein Volk sich auflöst, auswandert, jeder sich eine neue Heimat sucht. Das findet der weißhaarige Mann aber nicht schlimm. Er möchte nur, dass diese Migration mit Würde passiert. “We will marry your people”, meint er und grinst – der Saal lacht. Es könnte doch so einfach sein, denkt man.
Die Schicksale der Menschen, die existentiell vom Klimawandel bedroht werden, werden auf dieser COP vermehrt zum Thema gemacht. Ihre Stimmen und Gesichter sind es, die erinnern wie wichtig und dringend das Finden von Lösungen gegen die globale Krise Klimawandel ist.
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