Wien-Wahl 2025: Was wollen die Parteien für’s Klima tun?

Wien-Wahl 2025: Was wollen die Parteien für’s Klima tun?

Die kommenden Wien-Wahlen stehen am 27. April an. Damit entscheidet sich nicht nur die neue Zusammensetzung von Wiens Stadtpolitik. Es wird sich auch zeigen, was das für Wiens Klima- und Umweltpolitik bedeutet. Wir haben die Wahlprogramme und Broschüren durchleuchtet: Wie wollen sich die einzelnen Parteien für den Klimaschutz einsetzen und sind die geplanten Maßnahmen letztlich sinnvoll? Ein Blick auf Verkehr und Stadtplanung. 

von Astrid Sailer und Theresa-Marie Stütz

Laut Wiens Klimafahrplan sollen die Treibhausgasemissionen in den nächsten fünf Jahren pro Kopf um 55 Prozent gegenüber 2005 sinken. Angepasst an die Bevölkerungsprognose liegt das laut GLOBAL 2000 unter dem Mindestziel der EU für Österreich.

In Wien haben laut GLOBAL 2000 die Sektoren Verkehr mit 50 Prozent und Gebäude mit 25 Prozent den größten Anteil an Emissionen. Damit Wien mehr Treibhausgase einspart, wäre ein Fokus auf diese Bereiche wichtig.

Gibt es bald ein Auto-Aus?

Die Wiener FPÖ spricht das Thema Verkehr in ihrer Broschüre zur Wahl mit nur einem Punkt an: Es soll ein kostenloses Parkpickerl für alle Wiener*innen geben. Genaue Pläne zur Umsetzung des Vorhabens bietet die Wiener FPÖ nicht; sie verspricht lediglich ein Ende der „Abzocke für Autofahrer“. Im Wahlprogramm des Teams HC Strache sucht man das Thema Verkehr vergeblich. 

Alle anderen Parteien sind sich aber einig, dass der Autoverkehr in der Stadt reduziert werden muss. Grüne, KPÖ/LINKS, NEOS, SPÖ und ÖVP wollen das PKW-Aufkommen beispielsweise durch unterschiedliche Park-Konzepte reduzieren. Dazu zählen der Ausbau von Park & Ride-Anlagen (Grüne, KPÖ/LINKS, NEOS und ÖVP), ein Drei-Zonen-Modell, wodurch das Parken in Richtung Stadtinneres gestaffelt teurer werden soll (ÖVP), Sammelgaragen an Grätzlrändern (Grüne und ÖVP) sowie begrenzte Grätzlparkzonen (NEOS). 

Einigkeit herrscht bei den fünf Parteien außerdem in Punkto verkehrsberuhigtes Stadtzentrum: Die Innere Stadt soll künftig nur mehr für Anrainer*innen, Lieferverkehr, Taxis und Einsatzfahrzeuge uneingeschränkt zugänglich sein. 

Die Grünen wollen zudem eine Umgestaltung des verkehrsintensiven Gürtels: Der Autoverkehr soll auf zwei Fahrbahnen pro Richtung beschränkt werden, die Gehwege dafür breiter werden. 1.500 neue Bäume und ein neuer Radweg sollen her. Baulich möchte keine andere Partei den Autoverkehr am Gürtel als Hauptverkehrsader einschränken. NEOS und SPÖ wollen allerdings die Radwege abseits der Autospuren neu gestalten.

Radverkehr, Sharing-Systeme und Fußwege

Wie auch die Grünen und KPÖ/LINKS, wollen NEOS und SPÖ den Ausbau des Radnetzes priorisieren. Die beiden Parteien setzen auf Fahrradhighways und eine deutliche Trennung von Rad- und Fußgängerwegen. Die Grünen wollen die Nebenfahrbahnen der Ringstraße in eine durchgehende Fahrradstraße umwandeln. 

Die KPÖ/LINKS, die NEOS und die Grünen möchten Leihsysteme für Fahrräder, Car-Sharing und Sammeltaxis ausbauen. Für die ÖVP dürfen Radwege nicht auf Kosten von Autofahrspuren oder Parkplätzen geschaffen werden.

„Wiener Supergrätzl“ nach dem Vorbild der Superblocks in Barcelona wollen sowohl die Grünen als auch SPÖ & NEOS schaffen. Dabei wird der Straßenraum von mehreren angrenzenden Wohnblöcken so umgestaltet, dass er gemeinschaftlich nutzbar ist – mit Grünflächen, Spielplätzen und Nahversorgungsmöglichkeiten. Vor allem aber ohne motorisierten Durchzugsverkehr. Das erste verkehrsberuhigte Supergrätzl wird bereits im Herbst in Wien-Favoriten fertig. In eine ähnliche Richtung gehen die Pläne von KPÖ/LINKS. Sie möchten, dass alle wichtigen Orte des täglichen Lebens in 15 Minuten Fußweg erreichbar sind und man so auf das Auto verzichten kann.

Ausbau des Öffentlichen Verkehrsnetzes 

Ausgenommen FPÖ und Team HC Strache fordern alle Parteien eine Verdichtung des Öffi-Netzes. Vor allem die Querverbindungen in den Außenbezirken sollen ausgebaut werden. Die Grünen streben in den kommenden zehn Jahren 17 neue Straßenbahn-Linien sowie neun Verlängerungen an. Den S-Bahn-Ring wollen KPÖ/LINKS und NEOS vervollständigen. Die SPÖ lobt laufende Ausbau-Projekte wie die Verlängerung der U2 bis Wienerberg und der U5 nach Hernals.  

Grüne und NEOS wollen die Wartezeiten an den Haltestellen verkürzen. Die NEOS möchten außerdem, dass die Betriebszeiten in der Nacht verlängert werden. Hier könnte es aber in der Umsetzung scheitern: Den Wiener Linien droht Personalmangel, unter anderem aufgrund von Pensionierungswellen. KPÖ/LINKS plädieren für eine autofreie Zukunft und fordern kostenlose und barrierefreie Öffis für alle.

Lobau-Stopp

Der Lobautunnel war in den vergangenen Jahren oft politisches Streitthema. In den Wahlprogrammen sprechen sich nur die Grünen und KPÖ/LINKS für einen Bau-Stopp aus. Das Straßenbauprojekt führe laut einer strategischen Prüfung im Auftrag der ehemaligen Klimaschutzministerin Gewessler zu zusätzlichen Verkehrsbelastungen. Die Auswirkungen für Klima & Umwelt seien enorm: großflächige Bodenversiegelung, Zerstörung wertvoller Naturräume, massive Luft- und Lärmbelastung und erhöhte Treibhausgasemissionen. Außerdem kostet das Projekt 2,4 Milliarden Euro. 

Die Wiener SPÖ hält am Projekt fest. Auch ÖVP, FPÖ und Liste HC Strache unterstützen das Bauvorhaben nach eigenen Angaben. Grüne und KPÖ/LINKS fordern andere Lösungen. Geprüfte Alternativen setzen auf Verbesserungen des öffentlichen Verkehrsnetzes, den Ausbau von Radwegen sowie verkehrslenkende Maßnahmen und sind um zwei Milliarden Euro günstiger. KPÖ/LINKS fordern, dass die gesparten Milliarden in den weiteren Ausbau des Öffi-Netzes umgeschichtet werden.

Stadtplanung gegen Hitze 

Vor allem in Ballungsräumen von Großstädten entstehen vermehrt Hitzeinseln.  SPÖ, Grüne, ÖVP und NEOS wollen diese in Wien abbauen. Unter Hitzeinseln versteht man Bereiche, die übermäßig heiß werden.Bis zu 12°C kann der Temperaturunterschied zwischen Stadt und Land betragen. Grundsätzlich kann man aber davon ausgehen, dass die Temperaturen vom Stadtrand Richtung Innenstadt zunehmen. 2024 verzeichnete die Wetterstation Wien/Hohe Warte insgesamt 26 Tropennächte, in denen es nicht kühler als 20 Grad wurde. In der Wiener Innenstadt waren es sogar 53. Für den menschlichen Körper bedeutet dies eine hohe gesundheitliche Belastung. 

Um „vulnerable Gruppen”, wie Schwangere, Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen zu schützen, möchte die SPÖ die „Coolen Zonen“ als öffentliche Rückzugsräume ausbauen. 

Auch Begrünungsmaßnahmen, etwa von Fassaden und Dächern, und das Pflanzen von mehr Bäumen helfen, um gegen diese extreme Hitze vorzugehen. Die Grünen versprechen in ihrem Programm 100.000 neue Bäume bis 2030 –  das wären rund 18.000 Stück pro Jahr. Ob das umsetzbar ist, ist fraglich. Derzeit pflanzt die Stadtgärtnerei Wien jährlich  4.500 Bäume. Auch SPÖ, ÖVP, NEOS und KPÖ/Links sehen die Begrünung als eine geeignete Maßnahme. 

Bodenversiegelung als Problem

Eine weitere Maßnahme soll vermehrte Entsiegelung sein. Dabei werden versiegelte Böden –  das sind wasserundurchlässige Böden wie zum Beispiel Asphalt oder Beton –  so umgebaut, dass Wasser wieder frei in den Untergrund eindringen kann. In Wien soll es im Jahr 2023 über 150 km² versiegelte Flächen gegeben haben. Das ist fast ein Drittel der Gesamtfläche Wiens. SPÖ, Grüne, ÖVP und NEOS sehen die Versiegelung in Wien als ein Problem. Sie möchten entsiegeln und anschließend begrünen. Grüne, NEOS und ÖVP orientieren sich dabei am Konzept der Schwammstadt. Dabei soll Wasser nicht einfach abfließen, sondern helfen, die Stadt zu kühlen und Wasser im Boden zu speichern. Die ÖVP setzt zudem auf “Nachverdichtung statt Bodenversiegelung”. Das bedeutet, dass ungenutzte Flächen und bestehende Gebäude effizienter genutzt werden sollen, anstatt neue Flächen zu beanspruchen. Auch SPÖ, NEOS und Grüne unterstützen dieses Vorhaben. 

NEOS und SPÖ wollen neben mehr Begrünung auch mehr Wasser ins Stadtbild integrieren. Die Renaturierung von Wiens Gewässern sowie der Hochwasserschutz stehen im Parteiprogramm der SPÖ. Grüne und NEOS sehen im Ausbau von Flüssen und Kanälen in Wien nicht nur eine Möglichkeit zur Abkühlung und Erholung, sondern auch Hochwasserschutz. Auch KPÖ/LINKS nennen Extremwetterereignisse als eine Gefahr in Zeiten der Klimakrise, aber schlagen keine konkreten Maßnahmen vor. 

Das Hochwasser 2024 verursachte Schäden in Millionenhöhe. Die Klimakrise verstärkt laut dem Climate Change Center Austria Extremwetterereignisse. Zwar hätten bereits getätigte Investitionen in den Hochwasserschutz noch größere Schäden verhindert. Dennoch sollten bestehende Schutzmaßnahmen ausgebaut werden, um gegen Extremwetterereignisse gewappnet zu sein. 

Klimathemen sind zweitrangig

Auch wenn klimarelevante Themen in den Wahlprogrammen vorkommen, wird beim Blick hinein eines klar: Die Wien-Wahl 2025 ist keine Klima-Wahl. Die Teuerung und ein leistbares Leben sind Hauptthemen und überschatten Klimaaspekte. Zumindest widmen vor allem die Grünen, aber auch die NEOS dennoch große Teile ihrer Wahlprogramme dem Klima. In der Broschüre der FPÖ oder den Standpunkten des Teams HC Strache wird man nicht fündig. Der KPÖ/LINKS sind sozial gerechte Lösungen wichtig. Die SPÖ hält sich an den Wiener Klimafahrplan, aber beharrt trotzdem auf den Bau des klimaschädlichen Lobautunnels. Die ÖVP setzt auf Anreize statt Verbote und möchte den „Kulturkampf gegen das Auto abwehren“ – dass eine Klimawende so schaffbar ist, ist zweifelhaft. Dabei werden die nächsten fünf Jahre entscheidend dafür sein, ob die Hauptstadt ihre Klimaziele erreichen kann. 

Titelbild: domeckopol/Pixabay