Inwiefern betrifft der Klimawandel die Landwirtschaft? – Farmers Day

Inwiefern betrifft der Klimawandel die Landwirtschaft? – Farmers Day

Auch heuer trägt jeder Tag bei der Klimakonferenz ein anderes Motto. Der Farmers Day, am zweiten Tag der Konferenz, bietet die Möglichkeit darüber zu sprechen, wie Landwirtschaft das Klima verändert und welche Auswirkungen der Klimawandel auf Wasserknappheit, Ernten und Äcker auf der ganzen Welt hat. Dazu haben wir Herbert Formayer, Experte für Klimawandel und Landwirtschaft, befragt.

Autorin: Lisa Kiesenhofer

Ein Interview mit Herbert Formayer, Professor an der Universität für Bodenkultur, Institut für Meteorologie

Klimareporter.in: Sie forschen schon seit Jahren zum Thema Klimawandel und haben außerdem schon einiges dazu publiziert. Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf die Landwirtschaft in Österreich?

Formayer: Allgemein gesprochen ist jeder Sektor der Landwirtschaft von Klimaveränderungen betroffen. Im Bereich der Forstwirtschaft sind die Auswirkungen des Klimawandels sehr deutlich zu sehen. Ein gutes Beispiel ist die Fichte. Der Bestand des Nadelbaums, der besonders im Mühl- und Waldviertel häufig vorkommt, schrumpft in Österreich immer weiter. Grund dafür ist vor allem ein Schädling, und zwar der Borkenkäfer. Im Sommer 2015 mussten ganze Wälder gerodet werden, um zu verhindern, dass sich der Käfer noch mehr verbreitet. Die Klimaerwärmung trägt dazu bei, dass sich der Käfer schneller vermehrt und nun auch in höheren Lagen vorkommt. Dies kann dazu führen, dass die Fichte in vielen Regionen Österreichs ab 2050 ausstirbt.

Klimareporter.in: Wie kann man dem entgegenwirken?

Formayer: Schädlingsbekämpfung in der Forstwirtschaft ist eine schwierige Angelegenheit, hier funktioniert nur eines: Bäume fällen. Es gibt aber Alternativen: Diversität. Umso mehr Baumarten es in einem Wald gibt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass alle von Schädlingen oder Pilzerkrankungen befallen werden.

Klimareporter.in: Abgesehen vom Fichten-Schwinden, wie ist der Klimawandel in der österreichischen Landwirtschaft noch spürbar?

Formayer: Allgemein gesehen wird der Boden durch die steigenden Temperaturen trockener und die Erde kann das Wasser schlechter speichern. In warmen Regionen wie im Osten Österreichs kann das zu einem Bewässerungsproblem führen. Die/Der LandwirtIn sollte darauf achten, dass der Boden immer genügend Humus enthält und fruchtbar bleibt. Biologisch zu wirtschaften und die Fruchtfolge abwechslungsreich zu gestalten ist schonender für den Boden. LandwirtInnen, die Ackerbau betreiben können also flexibler wirtschaften, als zum Beispiel Obstbauer/Obstbäuerinnen.

Klimareporter.in: Kann der landwirtschaftliche Sektor auch vom Klimawandel profitieren?

Formayer: Selbstverständlich. Für den Weinbau in Österreich sind leicht steigende Temperaturen nichts Schlechtes. Vermehrter Rotweinanbau ist nicht nur auf einen Trend zurückzuführen, er wächst mit 1-2 °C mehr einfach besser. Auch Pflanzen wie Mais oder Weizen profitieren von der Klimaveränderung.  In anderen Teilen der Welt, vor allem in tropischen und subtropischen Gebieten, kann aber eine leichte Temperaturerhöhung das Aus für viele Pflanzenarten bedeuten.

Klimareporter.in: Experimente mit genetisch veränderten Pflanzen sind längst keine Seltenheit mehr. Wäre das eine Möglichkeit für österreichische LandwirtInnen, wenn die Temperaturen weiter steigen?

Formayer: Das grundlegende Problem am Klimawandel in Österreich sind die Temperaturschwankungen. Man kann nur schwer bis gar nicht vorhersagen, ob ein Sommer kühl und regnerisch oder trocken und heiß wird. Deswegen wäre es nicht sinnvoll gentechnisch veränderte Pflanzen zu züchten. In anderen Teilen der Erde, wie zum Beispiel in den USA, Südamerika, Afghanistan oder Indonesien könnte man diese Vorhersagen präziser gestalten.

Klimareporter.in: Landwirtschaft wird auch auf der Klimakonferenz in Marrakesch ein Thema sein. Was wird dort heuer besprochen?

Formayer: Auch dieses Jahr wird man sich vermutlich auf Themen wie Ernährungsversorgung in Dritte-Welt-Ländern und Emissionsreduzierung aus der Landwirtschaft (Stichwort Rinder und Methangas) konzentrieren. Andere Dinge, wie Landgrabbing (China kauft sich billig Land in Afrika um dort noch billiger zu produzieren), oder die steigende Fleischproduktion und ob man diese nicht ändern sollte, stehen vermutlich nicht zur Diskussion. Die Mächtigsten sind auch hier, sowie in allen anderen Verhandlungspunkten, China und die USA. Den Big Playern geht es darum, ungestört ihre Profite machen zu können. Auch die EU folgt langsam aber sicher dem profitorientierten Trend. Einerseits versucht man, im Landwirtschaftssektor soviel zu produzieren, um sich EU-intern zu versorgen, andererseits will man seine Produkte am Weltmarkt loswerden, egal wie sehr die Preise dadurch gedrückt werden.

Klimareporter.in: Welche Erwartungen haben Sie an die diesjährige Klimakonferenz?

Formayer: Bei der COP22 in Marrakesch sollen die Abkommen von Paris umgesetzt werden. Man weiß aber nicht, wie weit diese Aktionspläne ausgearbeitet wurden. Jetzt ist es an der Politik, etwas zu tun und die Pläne umzusetzen. Trotzdem sind meine Erwartungen an die Klimakonferenz nicht all zu hoch. Es können nicht alle Probleme dieser Welt mit einem Klimaschutzabkommen gelöst werden. Man sollte sich Alternativen einfallen lassen.

Klimareporter.in: Wo oder wie könnte man die Probleme sonst lösen, wenn nicht mit einem Klimavertrag?

Formayer: Obwohl das CETA-Abkommen von vielen Menschen abgelehnt wurde, sollte man Freihandelsabkommen nicht grundsätzlich verteufeln. Man muss sich nur fragen, welches Ziel dabei verfolgt wird. Würde man anfangen, Freihandelsabkommen anders aufzubauen, könnten weniger entwickelte Länder die Chance haben, am Weltmarkt konkurrenzfähig zu handeln. Stattdessen steht bei diesen Abkommen hauptsächlich Gewinnmaximierung und Profit im Vordergrund. So werden die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer.

Klimareporter.in: Um mit einem positiven Ausblick zu schließen: Was kann jeder Einzelne gegen den Klimawandel tun?

Formayer: Am einfachsten wäre meiner Meinung nach saisonal und regional einzukaufen und seinen Fleischkonsum zu reduzieren. Das kann jeder machen, schließlich ist jeder Mensch vom Klimawandel in allen Lebensbereichen betroffen – an viele würde man nicht einmal denken. Die Auswirkungen des Klimawandels sind zwar direkt in Österreich nicht existenzbedrohend,  in anderen Teilen der Erde jedoch schon. Die Sahelzone in Afrika ist immer schlechter bewohnbar. Menschen fliehen also nach Europa, weil ihr Land immer stärker von Dürre heimgesucht wird. Spätestens dann fühlt sich jeder Österreicher von den Migrationsströmen betroffen, die daraus folgen – sogar jene, die nicht an den Klimawandel glauben. Denn diese Art Migranten sind schließlich das, was die wenigsten Österreicher haben wollen, oder?

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