FAQ: CO2-Steuer, Emissionshandel und CO2-Zertifikate

FAQ: CO2-Steuer, Emissionshandel und CO2-Zertifikate

Stahlkonzerne, Chemieunternehmen oder wer mit Öl heizt oder Verbrenner fährt, soll für den verursachten Klimaschaden bezahlen, indem CO2-Emissionen ausgeglichen werden. Dafür gibt es verschiedene ökonomische Instrumente: etwa die CO2-Steuer in Österreich, den Emissionshandel der EU (EU ETS) und die freiwillige Kompensation durch CO2-Zertifikate. Wie funktionieren sie? Was unterscheidet sie? Und was taugen sie wirklich?

Ein Beitrag von Florian Mendl, Johannes Moser und Astrid Sailer

Wie funktionieren CO2-Steuer, Emissionshandel und CO2-Zertifikate?

Seit Oktober 2022 gibt es in Österreich eine CO2-Steuer. Sie besteuert den Klimaschaden im Gebäude- und Verkehrssektor. Etwa, wenn mit Öl geheizt oder Autos mit Diesel oder Benzin betankt werden. Für jede ausgestoßene Tonne CO2 muss derzeit ein Fixbetrag von 32,50 Euro pro Tonne gezahlt werden. Das soll dazu verleiten, Emissionen zu verringern. Für einen sozial-gerechten Austausch werden die Einnahmen als jährlicher Klimabonus an die Bevölkerung zurückgezahlt.

Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union (EU ETS) ist seit 2005 das zentrale Klimaschutzinstrument der EU. Es umfasst 40 Prozent der EU-weiten Emissionen. Darunter die Industrie (Stahlerzeugung, Chemie, Papierfabriken etc.), der innereuropäische Flugverkehr und die Stromerzeugung. Unternehmen in diesen Bereichen müssen Zertifikate erwerben, die ihnen erlauben, eine festgelegte Menge an Treibhausgasen zu emittieren. Die Anzahl der Zertifikate ist beschränkt und wird kontinuierlich verringert, um die Klimaziele der EU zu erreichen. Wenn Unternehmen weniger ausstoßen als ihnen ihre Zertifikate erlauben, können sie überschüssige Zertifikate an jene weiterverkaufen, die noch mehr ausstoßen möchten. Eine Obergrenze legt fest, wie viele Emissionen insgesamt im EU-Raum ausgestoßen werden dürfen. Hierfür geben die Mitgliedstaaten eine entsprechende Menge an Zertifikaten an Unternehmen weiter – teils kostenlos, teils über Versteigerungen am Markt. Neben allen 27 EU-Mitgliedstaaten sind mittlerweile auch Norwegen, Liechtenstein und Island Teil des EU ETS.

Mit CO2-Zertifikaten gleichen Unternehmen oder Privatpersonen freiwillig ihre Emissionen durch die Finanzierung sogenannter klimapositiver Projekte aus. Mit ihnen wird CO2 zusätzlich aus der Luft gezogen oder anderswo eingespart. Meist handelt es sich um Projekte zum Erhalt der Regenwälder oder für den Ausbau von Solar- und Windkraft.

CO2-SteuerEU-ETSCO2-Zertifikate
Wo?national (z.B. Österreich)Europäische Union, Norwegen, Liechtenstein, Islandweltweit
Was?nationale Steuer pro Tonne; Bepreisung fossiler BrennstoffeEU-Gesetzgebung; Bepreisung und Limitierung von CO2, Stickstoff und Lachgasfreiwillige Kompensation von Treibhausgas-
Emissionen
Warum?Anreiz, um Emissionen einzusparenAnreiz, um Emissionen einzusparenCorporate Social Responsibility 
Wie viel?32,50 € pro Tonne CO2 (2023)Cap & Trade, Preis durch Nachfrage bestimmt, schwankt zwischen 80 und 90 € pro Tonne CO2 (Juni 2023) je nach Anbieter 1-30 €
Wer zahlt?Anbieter und folglich Endverbraucher fossiler BrennstoffeUnternehmen gewisser SektorenUnternehmen oder Privatpersonen
Was wird bepreist?CO2; vor allem im Verkehr und Wärmesektor45 % der Treibhausgas-Emissionen; exklusive Land- und ForstwirtschaftEmissionen von CO2-Äquivalenten
Was passiert mit dem Erlös?Finanzierung des KlimabonusMindestens 50 % der Einnahmen aus den Versteigerungen müssen für Klima- & energiebezogene Zwecke verwendet werdenKlimaschutzprojekte zur THG-Kompensation

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Wie hoch sind die Kosten?

2023 liegt die Höhe der CO2-Steuer bei 32,50 Euro pro Tonne CO2. Dieser Preis soll 2024 auf 45 € und bis 2025 auf 55 € steigen. Wissenschaftler*innen kritisieren aber, dass die Bepreisung höher sein müsste, um tatsächlich klimawirksam zu sein. Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 fordert eine Bepreisung in Höhe von mindestens 150 € pro Tonne und mindestens 300 € bis 2030, sowie einen angemessenen sozial-gerechten Ausgleich.

Der Preis für ein Emissionszertifikat des EU ETS orientiert sich am Markt. Das Emissionshandelssystem ist als “Cap & Trade” aufgesetzt; die Preisbildung erfolgt über Angebot und Nachfrage. Daher sind keine Preisuntergrenzen vorgesehen. Derzeit liegt der Preis im Schnitt bei etwa 80 € pro Tonne. Der Handel von Emissionszertifikaten findet über Versteigerungen an der European Energy Exchange (EEX) Börse in Leipzig statt. Dabei handelt es sich um eine Energiebörse für Energie und energienahe Produkte. Hier werden jene Emissionszertifikate versteigert, die nicht frei zugeteilt wurden. Um den Preis zu stabilisieren, werden bei einem hohen Überschuss an Zertifikaten einige aus dem System genommen bzw. wenn zu wenige Zertifikate im Umlauf sind, zurück ins System gespeist. Der Preis wird also über eine Mengensteuerung beeinflusst (Marktstabilitätsmechanismus). 

Die Preise für freiwillige CO2-Zertifikate sind wesentlich geringer als jene des EU-ETS und variieren  je nach Anbieter. Je nach Quelle liegt der Preis pro Tonne CO2 zwischen 1 und 30 Euro. Die unterschiedlichen Preise resultieren aus unregulierten Angebots- und Nachfragemechanismen. Wie viele Emissionen dabei überhaupt kompensiert werden sollen, errechnen Messstellen. Aus dieser Menge ergibt sich dann in weiterer Folge, wie viele Zertifikate benötigt werden.

Wer zahlt?

Die CO2-Steuer ist Teil des nationalen Steuersystems und somit auf Österreich beschränkt. Die Kosten für jede ausgestoßene Tonne CO2 müssen von Lieferanten und Anbietern emissionsreicher Güter wie Heizöl oder Kraftstoffe getragen werden. Diese Zusatzkosten schlagen sich allerdings im Endpreis nieder; sie werden also den Endverbraucher*innen verrechnet. Dadurch kommt es indirekt zusätzlich zu höheren Mehrwertsteuereinnahmen. Jene Menschen, die besonders klimaschädlich leben, zahlen also am meisten. Um einkommensschwächere Menschen durch die CO2-Steuer nicht unverhältnismäßig zu belasten, müssen unsoziale Nebenwirkungen mit einem angemessenen Klimabonus und anderen Maßnahmen ausgeglichen werden. Das könnte laut Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb von der BOKU Wien einen positiven Zusatzeffekt haben: “Werden diese Maßnahmen aus den Klimasteuern finanziert, dann können die CO2-Steuern zugleich einen Umverteilungseffekt zugunsten der Einkommensschwächeren haben.” Dennoch gibt es grundlegende Ungerechtigkeiten im System. Die CO2-Bepreisung soll Bürger*innen dazu bewegen, Treibhausgasemissionen einzusparen und auf klimafreundlichere Alternativen umzusteigen. Im Wärmesektor sind etwa Mieter*innen klar im Nachteil: Sie dürfen meist nicht selbst entscheiden, wie geheizt wird, tragen aber dennoch die Mehrkosten, während für Vermieter*innen kein Anreiz für einen Heizungstausch gegeben ist. Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 plädiert deshalb für einen verpflichtenden Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen. Auch im Verkehr ist ein Umstieg auf klimafreundliche Alternativen nicht für alle möglich. Vor allem in ländlichen Regionen sind Personen häufig auf das Auto angewiesen. Ab dem Jahr 2023 wird die Höhe des Klimabonus deshalb an den Wohnsitz gekoppelt werden. Der geplante regionsabhängig gestaffelte Klimabonus sei allerdings laut Kromp-Kolb “nicht treffsicher und daher nicht gerecht.” 

Das EU ETS betrifft EU-weite Unternehmen bestimmter emissionsreicher Sektoren. Alle Unternehmen in der EU, die Strom oder Wärme aus Kohle, Erdgas oder Erdöl erzeugen, können sich am Emissionshandel beteiligen. Unter die Regularien des EU ETS fallen allerdings nur jene Unternehmen, deren Anlagen über eine Wärmeleistung von mehr als 20 Megawatt verfügen. Diese kaufen eine Emissionserlaubnis in Form von Zertifikaten, sofern sie die Emissionen nicht einsparen möchten, weil es teurer ist Zertifikate zu kaufen als Emissionen zu verringern. Da aber die Preise am Markt schwanken können, sind Entscheidungen für Investitionen immer mit gewissen Unsicherheiten verbunden. Zudem entsteht durch den Zertifikatehandel ein Kostennachteil für Unternehmen, die im globalen Wettbewerb stehen.

Der Erwerb von CO2-Zertifikaten ist grundsätzlich freiwillig. Wer an privaten Handelssystemen teilnimmt, muss je nach Anbieter gewisse Anforderungen erfüllen: Registrierung beim Anbieter, Akkreditierung, Mindestabnahme, Bonität sind Beispiele dafür. Zertifizierer, wie beispielsweise Verra (der weltweit größte) bewerten Projekte, die CO2 einsparen, und daraus entsteht dann eine gewisse Anzahl an Zertifikaten. Was genau gedeckt werden sollte, wird nicht vorgegeben und liegt im Ermessen des Zertifizierers. Wenn sie genug Zertifikate gekauft haben, können sich Unternehmen als klimaneutral bezeichnen. Gucci, einer der Käufer von Zertifikaten, gibt an, dass die Unterstützung von Projekten, “die den Schutz der Wälder weltweit unterstützen”, einer der Pfeiler sei, warum das Unternehmen seit 2012 klimaneutral ist. Das bedeutet, dass einerseits das Bewusstsein und der Altruismus von Konsument*innen und andererseits Corporate Social Responsibility Grundpfeiler für das Funktionieren des Systems sind.

Was wird gedeckt?

Die österreichische CO2-Steuer wird auf fossile Brennstoffe wie Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas erhoben. Andere klimaschädliche Treibhausgase wie Methan und Lachgas sind nicht inbegriffen. Diese wären in Österreich vor allem für den Landwirtschaftssektor und die Abfallwirtschaft relevant, wie GLOBAL 2000 betont. Laut Klimaexpertin Kromp-Kolb wäre die Ausweitung auf diese Treibhausgase zwar wünschenswert, aber schwierig: “In der praktischen Umsetzung ergeben sich dabei sehr viele Probleme, weil diese Emissionen mit viel größeren Unsicherheiten behaftet sind.”

Der europäische Emissionshandel fokussierte in seiner Anfangsphase (2005-2007) auf die großen Industrie- und Energieanlagen. In einer zweiten Phase (2008-2012) kam der Flugverkehr hinzu. Nach einer Konsolidierung in einer dritten Phase (2013-2020) hat sich die EU nun auf einen stufenweisen Ausbau in den nächsten Jahren geeinigt. Im Hinblick auf die geplante Anhebung der Klimaziele für 2030 und der Klimaneutralität bis 2050 hat das EU Parlament vor kurzem eine Erweiterung des Emissionshandelssystems beschlossen. Mit dem EU ETS II kommt eine separate Bepreisung für fossile Energieträger, die in Gebäuden und im Straßenverkehr eingesetzt werden. Dieses soll aber zunächst nur für gewerbliche Abnehmer von Brenn- und Kraftstoffen gelten und ab 2027 50 Euro pro Tonne kosten. Methan-Emissionen aus der Land- und Forstwirtschaft (und anderen Sektoren) werden nicht integriert, obwohl es sich hier um fast die Hälfte der EU-weiten Treibhausgasemissionen handelt. Das liegt unter anderem daran, dass es sich oft um sogenannte diffuse Emissionen handelt, die schwierig zu überwachen und nicht so leicht einem spezifischen Handelsteilnehmer zuzuordnen sind. Diese Emissionen werden weitgehend über Modelle abgeschätzt.

Die freiwillige CO2-Kompensation deckt einerseits alles, andererseits nichts. Niemand gibt vor, was zu kompensieren ist. Der Carbon Corporate Footprint (CCF) wird von verschiedenen Organisationen gemessen und berechnet. Die Berechnung erfolgt in CO2-Äquivalent, beispielsweise ist eine Tonne Methan auf 20 Jahre mehr als 80-mal klimaschädlicher als CO2 (oder 28-mal auf 100 Jahre gerechnet). Auf Basis dieser Berechnungen können Unternehmen Zertifikate kaufen und ihren Ausstoß kompensieren.

Was bringt es fürs Klima?

Die CO2-Steuer verteuert klimaschädliches Verhalten für Unternehmen und Privatpersonen und soll so zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen führen. “Durch den niedrigen Wert des CO2-Preises in Österreich werden jedoch kaum bis ganz geringe Einsparungen erwartet,” sagt GLOBAL 2000. Die Zeit drängt und Maßnahmen werden dringlicher. Um tatsächliche Lenkungseffekte zu erzielen, müsste die CO2-Steuer laut Expertin Kromp-Kolb inzwischen fast zehnmal so hoch sein: “Damit vorliegende, gute, klimafreundliche Ideen wirtschaftlich attraktiv umgesetzt werden können, müsste der Preis pro Tonne CO2 mittlerweile bei rund 300 € liegen.”

Das EU-ETS-System hat zum Ziel, Treibhausgas-Emissionen einen Preis zu geben, damit Anreize für Klimaschutzmaßnahmen zu setzen und so klimaschädliches Verhalten zu vermeiden bzw. zu verringern. Laut Österreichs Umweltbundesamt werden mit dem EU-Emissionshandelssystem “Klimaschutzziele durch die Vorgabe eines Emissionsöchstwertes in Kombination mit einem Zielpfad jedenfalls erreicht.” Der “Cap & Trade”-Ansatz bringe eine sehr hohe Zielgenauigkeit mit sich. Die EU könne kontrollieren, wie stark die Emissionen der teilnehmenden Anlagen in Summe sinken. Auch schaffe das System Anreize dafür, dort in den Klimaschutz zu investieren, wo die Kosten am geringsten und der Nutzen am größten ist. Wesentlich sei, dass die Emissionshöchstmenge so gewählt wird, dass der Preis nicht durch ein hohes Überangebot an Zertifikaten niedrig gehalten wird. Aufgrund eines historisch bedingten Überangebotes an Zertifikaten hat die EU dementsprechend reagiert, und zunächst einen Marktstabilitätsmechanismus eingeführt. Bei einem hohen Überangebot werden Zertifikate aus dem System herausgenommen bzw. entsprechend weniger Zertifikate versteigert. Allerdings hat der Zertifikatehandel auch seine Nachteile:

“Der Handel mit Emissionszertifikaten kann für Profite missbraucht werden, die den erwünschten Effekt verschleiern und dem Klima nicht zugutekommen.”

Helga Kromp-Kolb über das EU ETS

Die EU-ETS-Richtlinie sieht derzeit vor, dass die Mitgliedstaaten mindestens 50 Prozent der Einnahmen aus den Versteigerungen oder den entsprechenden finanziellen Gegenwert für Klima- und energiebezogene Zwecke verwenden. Zukünftig ist eine verpflichtende Zweckwidmung der Versteigerungserlöse vorgesehen. Basierend auf den aktuellsten verfügbaren Informationen aus dem Jahr 2021 wurden laut Umweltbundesamt in der EU 76 Prozent der Einnahmen für klima- und energiebezogene Zwecke verwendet. 

Der freiwillige Zertifikatehandel hat dagegen kaum eine Wirkung, wie Recherchen der ZEIT, der britischen Tageszeitung The Guardian und des britischen Reporterpools SourceMaterial aufgedeckt haben. Ein Großteil der errechneten Zertifikate stammt aus Waldschutzprojekten. Das heißt, die Unternehmen zahlen dafür, dass gewisse Wälder nicht gerodet werden.  Zertifizierende Organisationen bewerten dann, was dieser Wald an CO2 einsparen wird, da er vor der Zerstörung gerettet wurde. Hier kommt der Schwindel ins Spiel. Die Einsparungspotenziale wurden zu hoch bewertet und damit konnten viel mehr Zertifikate verkauft werden als eigentlich an CO2 eingespart wurde. Mehr als 90 Prozent der Zertifikate, die bis heute verkauft wurden, sind davon betroffen. Momentan produziert der private Zertifikatehandel intransparente Verfahren, die unwissenden Konsument*innen ein Gefühl von Nachhaltigkeit vermitteln. Man könnte es auch Greenwashing nennen.

Fazit: CO2-Steuer, EU ETS und CO2-Zertifikate sind ausbaufähig

Die CO2-Steuer müsste um ein Vielfaches teurer sein, um den gewünschten Lenkungseffekt zu bewirken, wie viele Expert*innen sagen. Allerdings reicht eine höhere Bepreisung alleine nicht aus und die soziale Gerechtigkeit muss mitgedacht werden. Reiche können sich erhöhte Preise leisten. Für sie gibt es wenig Anreiz, Emissionen einzusparen. Für einkommensschwache Menschen ist ein Umstieg auf klimafreundlichere Alternativen nicht immer möglich, sei es im Wärmesektor oder im Verkehr. Hier braucht es gesetzliche Regelungen wie den verpflichtenden Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen, sowie einen flächendeckenden Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes. GLOBAL 2000 nennt zusätzlich den Abbau umweltschädlicher Subventionen als wichtigen Beitrag. Ein umfassendes Lieferkettengesetz sei außerdem als klima- und sozial-gerechter Faktor bedeutsam. Um die Emissionen tatsächlich einzuschränken, ist auch eine gesetzliche Limitierung denkbar. Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb spricht sich beispielsweise für sogenannte Ressourcenpunkte aus: Jeder Person würde eine festgelegte Anzahl an Punkten zur Verfügung stehen, die für den Verbrauch bestimmter Ressourcen wie etwa Treibhausgase verwendet werden können. Dafür braucht es allerdings ein wesentliches Umdenken unseres Systems. ​​Kromp-Kolb zieht für ihr Fazit ein Zitat der ehemaligen deutschen Kanzlerin Angela Merkel heran: “Eigentlich wird eine ‘Volltransformation unserer Art des Wirtschaftens’ gebraucht.” 

Das EU-ETS-System scheint auf den ersten Blick eine sinnvolle Lösung für einen bewussteren  Umgang mit Emissionen zu sein. Doch auch hier gibt es Schattenseiten, die es zu bewältigen gilt. Ähnlich wie bei der CO2-Steuer sind die kleinen Unternehmen mit weniger finanziellen Mitteln im Endeffekt ebenso von den höheren Preisen betroffen, denn der ETS-Handel hat Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft. Die EU versucht dem entgegen zusteuern, indem sie kostenlose CO2-Zertifikate an betroffene Unternehmen verteilt. Das selbsterklärte Ziel, die Investition in Klimaschutzmaßnahmen attraktiver zu machen, gelingt jedenfalls. Allerdings hat es den Anschein, dass es mehr braucht, um die eigentlichen Klimaschutzziele der EU auch wirklich zu erreichen. Außerdem ist ein solcher Emissionshandelsmarkt sehr fragil. Sollte es zu größeren Verwerfungen oder geopolitischen Spannungen kommen, könnten sich Staaten dem Markt verweigern und ihre eigenen Unternehmen schützen, anstatt mit den EU-Regeln konform zu gehen.

CO2-Kompensation über den freiwilligen Erwerb von Zertifikaten kann theoretisch funktionieren. Voraussetzungen hierfür sind die zweifelsfreie Integrität von Messstellen sowie von jenen Organisationen, die die Zertifikate erstellen. Dekarbonisierung über diesen Weg heißt, dass man dem Markt beziehungsweise der Corporate Social Responsibility Kompetenzen zuschreibt, tatsächlich eine nachhaltige Transformation anzustreben. Wenn Verantwortung an Unternehmen abgegeben werden soll, braucht es zumindest übergeordnete Instanzen, die sich Qualitätskriterien und standardisierten, transparenten Prozessen unterwerfen. Dann könnte ein freier Zertifikatehandel funktionieren.